Sie gelten alsschlechte Kopien der MTV Video Music Awards, die ebenso zunehmend an Ideen- und Skandalarmut kranken: dieMTV Europe Music Awards.2012.
Humorloser, teengerechter und noch vorhersehbarer: bei den EMAs gibt es mehr vom Immergleichen. Dieselben Ausgezeichneten, Auszeichner, Performer und Hosts, meistens nordamerikanischer Herkunft.
Die EMAs wechseln jedes Jahr den Austrage-Standort, verweilen aber oft im Vereinten Königreich und in Deutschland, nur nie östlich davon. Diesmal Frankfurt, zum zweiten Mal. Passenderweise moderierte zum ersten Mal eine Deutsche: Heidi Klum.
Als Moderatorin wirkt die US-nahe Vielbeschäftigte meist unsouverän und versteift. Da die Unspontane hierbei viel öfter auswendig gelernte Phrasen aufsagen durfte als bei den Live-Finalsendungen für ihr Germany’s Next Topmodel, war ihre Leistung nicht katastrophal, dafür durchschnittlich und durchschnittlich versext.
Ansonsten waren Technik und Internet auf und abseits des Bühnengeschehens allgegenwärtig. Hinter der Bühne wurden Twitter-Mitmach-Fähigkeiten und der heuriger EMA-Sponsor Microsoft Windows 8 in Endlosschleife beworben.
Lana del Rey durfte, hypernervös wie immer, zwar den „Best Female“-Preis überreichen, bekam selber einen für „Best Alternative“ jedoch nur backstage. On stage wurde das südkoreanische Youttube-Phänomen Psy für das beste Video („Gangnam Style“) ausgezeichnet und hofiert.
Weiterhin glänzten viele Award-Winner durch Abwesenheit, nachvollziehbar bei dieser uninspirierten circus-themed show: Nicki Minaj („Best Hiphop“), der Franzose David Guetta („Best Electronic“), Linkin Park („Best Rock“), Justin Bieber („Best Male“, „Best Pop“ und „World Stage“), die britische Boyband One Direction („Biggest Fans“ und „Best Newcomer“) und, ähem, Whitney Houston. Letztere gewann posthum den „Global Icon Award“ für ihren scheinbar gewaltigen Einfluss in der Popmusik-Branche.
Sinnlos: warum braucht man zwei Preise für ein und dieselbe Angelegenheit? „Best Live Act“ und „Best World Stage Perfomance“ stehen für beste Konzert-Performances, nur letzteres wird von einer gleichnamigen MTV-Sendung lanciert. Ähnlich MTV Push: eine MTV-Rubrik ist das, die hin und wieder Major-Label-Newcomer „pusht“. Doch wofür soll sonst der praktisch identische Preis „Best Newcomer“ auch stehen?
Carly Rae Jepsen gewann diesen „Best Push“-Award, zudem dank „Call Me Maybe“ einen für „Best Song“. Die ähnlich charmante, aber ehemalige Newcomerin Taylor Swift sagte oft „Danke schön“. Wie Bieber gewann sie dreimal Preise: für „Best Female“, „Best Live Act“ und „Best Look“. Letztere Kategorie war neu, wurde von der angeblichen Mode-Expertin Klum höchstpersönlich vergeben.
Und sonst? Laudatorin Kim Kardashian stolperte über ihr Kleid kurz, Ludacris verwirrte als Special Host und Alicia Keys geht auf der Bühne kurz die Puste aus während des Singens und Herumlaufens. Und viele Preise verleihende, unbedeutende B- und C-Prominente.
Bei den Preisen für den besten Act eines Landes oder einer internationalen Region gewannen u.a. Tim Bendzko (Deutschland), wieder einmal One Direction (UK/Irland), Medina (Dänemark), Loreen (Schweden), Afrojack (Niederlande), Milow (Belgien), Dima Bilan (Russland), DJ Antoine (Schweiz), D’Banj (Afrika) und Gotye (Australien/Neuseeland).
Eine geographische Stufe höher für kontinentale Abschnitte siegten Rihanna (für Nordamerika), Dima Bilan (für Europa), die unbekannteren Ahmed Soultan (für Afrika/mittleren Osten/Indien), Restart (Lateinamerika) und Han Geng (aus China für ganz Asien).
Letzterer gewann unter den fünf Nominierten den „Best Worldwide Act“-Preis. Kann man daran vielleicht ablesen, wie wenig Europa selbst heutzutage eine Rolle spielt für die MTV Europe Music Awards?