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09.01.2013

09/01/2013

Sexiest Indie Girls 2012 / Sexiest Non-Indie Girls 2012 / Was sonst noch 2012 abging

 

 

Sexiest Indie Girls 2012

 

10) Sharon van Etten

09) Megan James (Purity Ring)

08) Dee Dee (Dum Dum Girls)

07) Channy Leaneagh (Poliça)

06) Sara Barthel (Phantogram)

05) Claire Boucher (Grimes)

04) Chan Marshall (Cat Power)

03) Julia Holter

02) Solange (Solange Knowles)

01) Amber Coffman (Dirty Projectors)

 

Im Jahr 1 nach Lady Gagas Exzentrik-Monopol kam Kanadas Claire Boucher am nächsten heran, während Nicki Minaj fast nur peinlich war, keinesfalls sexy. Im Gegensatz zur visionären Kraft und der stimmlichen weirdness von Grimes war ihre Sprechstimme ungleich süßer. Schön, wenn bei Frauen wie Poliças Sängerin oder bei Cat Power Kurzhaarfrisuren keine Weiblichkeit verhindern, sondern Klasse zeigen. Smokey Eyes sollte Chan Marshall so aber in Zukunft vermeiden. Macht sie älter. Solange Knowles emanzipiert sich endgültig vom großen Schatten der großen Schwester: toller Afro, coole Sounds. Coverte einst Dirty Projectors‘ Indie-Hit „Stillness Is the Move“. Apropos, Dirty Projectors-Co-Sängerin Amber Coffman ist die personifizierte Sexy-Indie-Frau: alles andere als klassisch hübsch sein, eher alternativ wie ein ätherisches Haute-Couture-Model, dennoch bezaubernd wirken.

 

 

Sexiest Non-Indie Girls 2012

 

10) Victoria Legrand (Beach House)

09) Sky Ferreira

08) Fiona Apple

07) Natasha Khan (Bat for Lashes)

06) Taylor Swift

05) Jessie Ware

04) Azealia Banks

03) Pip Brown (Ladyhawke)

02) Caroline Polachek (Chairlift)

01) Kimbra

 

 

Kimbra ist eine der hübschesten Frauen, die ich je gesehen habe. Braune Haare, blaue Augen, Wahnsinns-Ausstrahlung. Trägt zwar oft viel Make-Up, sieht aber bestimmt auch ungeschminkt natürlich schön aus. Chairlifts Caroline, kann toll in Musikvideos schauspielern, ist eine dezenter sich gebende Frau, bei der Achselhaare ihr Alleinstellungsmerkmal sind. Ansonsten war eine auf einem Albumcover nackte Frau wie Natasha Khan (Bat for Lashes) der Hingucker schlechthin. Der Titel Ms. Ponyfrisur 2012 geht nicht an Carly Rae Jepsen, sondern an die süße Taylor Swift. Nicht zu vergessen die Sangeserotik von Beach Houses Victoria Legrand und Jessie Ware.

 

 

Was sonst noch 2012 war:

 

Tolle Fotos als Albumcover hatten Bands und Künstler wie Bat for Lashes (siehe oben), das fotogene Duo Tanlines, Mount Eerie mit dem Clear Moon (2012), der passend surreal musizierende Flying Lotus und, äh, Lana del Rey.

 

Tolle Gemälde und Zeichnungen als Artwork gab es bei den Alben von Baroness, Swans, Laurel Halo, Lambchop und Grimes (siehe oben).

 

Schlimm, weil langweilig oder Augenkrebs erregend, waren die Albumcover bei Animal Collective, Serj Tankian, Ceremony, Gossip, Kreayshawn, Bear in Heaven, Robbie Williams, The Walkmen, Frank Ocean (leider doch) und Jimmy Edgar.

 

Gute Slogans aus Lyrics:

Baby, you can find the light” (Burial: “Kindred”)

Come on, le-le-le-le-le-le-let go” (Animal Collective: “Today’s Supernatural”)

The neighborhood is goin’ ape shit crazy” (Frank Ocean: “Sweet Life”)

Heeeeeeeeeey, sexy lady” (Psy: “Gangnam Style”)

My pussy tastes like Pepsi Cola” (Lana Del Rey: “Cola”)

Even a small lighter can burn a bridge” (Kendrick Lamar: “Bitch, Don’t Kill My Vibe”)

Kennen Sie Barbara Salesch?” (Deichkind: “Leider geil (leider geil)”)

But thanks to Reagonomics, prisons turned to profits” (Killer Mike: “Reagan”)

You can call me Nancy” (Father John Misty: “Nancy From Now On”)

No surprise, this is often how it’s done” (Grizzly Bear: “Yet Again”)

 

 

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500 Wörter – 28.06.2012

28/06/2012

Carly Rae Jepsen

 

 

 

Charts- und Pop-Phänomene. Heute ist die Kanadierin Carly Rae Jepsen dran. Wer? Das olle Mädel mit dem Hit „Call Me Maybe“ natürlich!

 

 

Jeder hat peinliche Lieblingslieder, die nur wenige Menschen zugeben würden. Songs wie „Copacabana (At the Copa)“ (Barry Manilow), “Man Eater” (Hall & Oates), „You Get What You Give” (New Radicals), „No Limit“ (2 Unlimited), “I Believe in You” (Kylie Minogue), und neuerdings auch “Where Have You Been” (Rihanna) wären meine guilty pleasures.

 

“Call Me Maybe” ist zwar (noch) kein Anwärter für meine Böse-Lieblingssongs-Liste, doch von allen aktuellen Chart-Hits gehört es zu den verzeihlicheren Mainstream-Verbrechen. Kann mir gut vorstellen, dass Carly Rae Jepsens TOP3-Lied in Deutschland bei vielen anderen Menschen bereits komische Gefühle ausgelöst hat.

 

Meine Psychobilly-affine Arbeitskollegin liebt dieses Lied! Barack Obama wurde bereits mit ihren Lyrics gedubbt! Selbst amerikanische Indie-Hipster geben zu, dass dieses Lied stark ist. Noch stärker finden sie nur den ewigen Klassiker „Since U Been Gone“ von Kelly Clarkson.

 

 

Platz 1 in den US-Singlecharts seit letzter Woche. Wurde auch offiziell zum Sommersong des Jahres 2012 deklariert. Warum ist dieses Lalala-Lied bei vielen Zielgruppen so beliebt? Müsste man „Call Me Maybe“ nicht eigentlich hassen?

 

Denn die einfach gestrickte Musik-Komposition kombiniert von Frauen gesungenen Radio-Pop-Rock mit Dance-Pop-Bumms. Zigmal gehört! Dann klingt die Melodie so unfassbar jung, weiblich, überzuckert und so pseudo-jungfräulich, als sauge man/frau die Bravo Girl-Zeitschrift als Hörbuch auf. Außerdem geht es in den Lyrics um romantisierte Liebe auf den ersten Blick. Gähn.

 

Somit dürfte kein Erwachsener „Call Me Maybe“ mögen. Weil es an all diese minder- und knapp volljährigen Schauspiel-Sängerinnen wie Selena Gomez, Demi Lovato oder Miley Cyrus erinnert. Die ehemalige Canadian-Idol-Drittplatzierte Carly Rae Jepsen sieht gar so ähnlich aus! Trotzdem sind Jepsen und ihr Mega-Hit so viel besser als andere Sweet-Girls und deren Schunder-Songs.

 

 

  1. Das Lied ist trotz/gerade wegen der simplen Produktion angenehm minimalistischer und weniger überproduziert als das meiste andere Charts-Zeugs.
  2. „Call Me Maybe“ ist wie vertonter Erdbeer-Kaugummi. Man greift ja manchmal auch dazu statt zu Doublemint. Möchte man sich ebenso beim heimlichen Hören von Neo-Bubblegum-Popmusik  nicht manchmal unbewusst wieder wie 14 fühlen, egal welches Geschlechtes?  Alters- und Geschlechter-Rollenzuschreibungen sind doch heutzutage so altmodisch.
  3. Der Refrain zum Ohrwurm macht süchtig: „Hey, I just met you and this is crazy, but here’s my number so call me maybe / It’s hard to look right at you baby, but here’s my number so call me maybe!”
  4. In die scheinbar harmlosen Lyrics kann sich Jedermann/-frau durchaus hineinversetzen. Wer sieht nicht eine/n tolle/n Kerl/Schnecke und würde ihn/sie so gerne ansprechen, traut sich aber nicht? Trotzdem ist das Lied etwas veraltet: würde man im Jahre 2012 nicht eher sagen: „Add Me Maybe (on Facebook)“?
  5. Dass die 26-Jährige quasi Musik für jüngere Menschen macht, ist irgendwie ironisch und putzig.
  6. Außerdem nervt sie in der Öffentlichkeit nicht mit genereller Boulevard-News-Dauerpräsenz wie Lohan, Bieber oder Katy Perry.
  7. Das dazugehörige Musikvideo zur Single hat was. Denn die Story-Auflösung am Ende wirkt zwar etwas aufgesetzt, ist aber von vorne bis hinten eine durchaus charmante Angelegenheit.

 

 

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500 Wörter – 09.05.2012

09/05/2012

Tom/Trans Gabel/Gender

 

 

Tom Gabel, kennt ihr nicht? Nein, nicht Tom Gäbel mit Umlaut, ich meine den Frontmenschen der US-Band Against Me! namens Tom Gabel, den es allerdings in bisheriger Existenz nicht mehr geben wird.

 

 

Against Me! habe ich durch das deutsche Musikmagazin VISIONS (Schwerpunkt liegt auf alternativer Musik, vor allem auf Hardcore und Metal) kennengelernt. Die Zeitschrift hatte früher manchmal eine tolle DVD-Beilage namens „VISIONS on Screen“, auf welcher Musikvideos, Interviews, Live-Konzerte und mehr Audiovisuelles versammelt wurden.

 

Dadurch sah und hörte ich in der Heftausgabe Nr.168 das erste Mal Against Me! mit „Don’t Lose Touch“. Ein Musikvideo eines Tracks aus dem dritten Album namens Searching for a Former Clarity (2005). Grandioser Ohrwurm-Song, sympathische Jungs!

 

 

Dass ich mich abgesehen davon in den folgenden Jahren nur wenig mit dieser Band auseinandergesetzt hatte, da Punk-Rock eher nicht so meins ist, ist schändlich. Crazy ist aber, dass die Straight-Edge-Gruppe aus Naples in Florida nun ausgerechnet durch ein durchaus mutiges Interview des amerikanischen Rolling Stone mit Gabel so sehr in den öffentlichen Fokus geraten sind: durch persönliche Ereignisse statt neuer Musik.

 

Tom Gabel outete sich hier ganz ungeniert als Transgender. Tom wird sich bald einer Hormon- und Elektrolyse-Behandlung unterziehen und sich ab sofort Laura Jane Grace nennen. Dass sie als Mann mit einer Frau in die Ehe eingegangen war und weiterhin als Transfrau (Frau, die als Mann geboren wurde) mit Heather Gabel zusammen sein will, überrascht. Aber Gabel meinte bereits, dass ihre Ehefrau ihr mit ihrer verständnisvollen und vor allem einfach wunderbaren Reaktion alle Beziehungsängste genommen habe. Zuvor machte ihn auch eine gewisse gender dysphoria (bedeutet in etwa „Geschlechtsidentitätsstörung“) völlig fertig.

 

 

Nun ist Gabel nicht der/die erste transidentische Musiker/in. Vor ihr haben sich bereits Genesis P-Orridge (Throbbing Gristle, Psychic TV), Dana International (israelische Eurovision-Teilnehmerin/-Gewinnerin von 1998), Amanda Lepore (blonde Kunstfigur mit überaus üppigen Brüsten und rot geschminkten Lippen), Baby Dee (Singer-Songwriterin), Keith Mina Caputo (Life of Agony), Dee Synder (Jethro Tull), Wendy Carlos (Elektronik-Künstlerin), Terre Thaemlitz (Avantgarde-Künstlerin) und natürlich Antony Hegarty (Antony and the Johnsons) zu einer geplanten oder vollzogenen Geschlechtsumwandlung bekannt.

 

Tom Gabels Schicksal oder im positiveren Sinne auch Hoffnungsfall erinnert mich da an eine Stern-TV-Sendung von vor vielen Wochen. Es ging um zwei Transmänner, die, ebenso tapfer, öffentlich über ihre Erfahrungen mit Geschlechtsumwandlung Rede und Antwort standen. Dazu wurde ein plastischer Chirurg befragt und diverse Fragen wie „Wie lange brauchen Verwandte und Lebensabschnittspartner Zeit bis zum Verständnis?“ und „Wie geht das mit einem aus eigener Körper-Materie geformten Penis?“ beantwortet.

 

 

Dennoch kommt das Transgender-Thema ansonsten selten in der öffentlichen Wahrnehmung an, was Grund für viel Unwissen darüber ist. Neben Chaz Bono, der als Frau geborener Sohn von Cher, kann auch Tom/Laura als eine der bekanntesten Rollenmodelle und Fürsprecherinnen nun zu mehr Verständnis beitragen.

 

Die letzten Worte überlasse ich Tom/Laura (Rolling Stone): „Ich werde so manche peinlichen Momente nicht vermeiden können, sie werden kein Zuckerschlecken. Doch genau das ist Teil davon, worüber ich gerade mit euch spreche. So hoffe ich nicht nur, dass die Leute es verstehen, sondern auch, dass sie mir auch mit Freundlichkeit entgegenkommen werden“.

 

 

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500 Wörter – 23.02.2012

23/02/2012

Alki Baby

 

 

Meine liebe Freundin Janine hat mich wieder zu sich nach Schonungen (Ort in der Nähe Schweinfurts) eingeladen.

 

 

Goldbasti wollte eigentlich auch mitkommen, schaffte es aber wegen zahlreicher Komplikationen mit Zügen und nicht erscheinender Mitfahrgelegenheiten  nicht dorthin. Du warst einen Tag vor unserem (mehr oder weniger regelmäßigen) Mittwochstreffen in Hamburg? Also man sollte schon Prioritäten setzen, haha.

 

Ich hatte mit einem Barbesuch in Schweinfurt gerechnet, es kam dann anders. Janine fuhr uns woandershin.  Ihre sehr gute Freundin GrAnnie arbeitete gerade in einer Gaststätte eines Sportvereins, der ihrer Familie gehört. Gelegen war sie in einer Ortschaft nahe Schweinfurt. Dort passten wir sie gerade rechtzeitig zu deren Feierabend ab und war nach ein paar Minuten ganz für uns da. Dort verbrachten wir auch den Großteil des Abends, und ich merkte, dass ich mein frischgekauftes H&M-Hemd gar nicht benötigt hätte, da ich eh nur wenig Publikum dafür hatte.

 

 

Dafür verweilen mit uns eine BILD-Zeitung, das Junge-Softies-Magazin NEON und zwei aus GrAnnies Verwandtschaft. Einmal war da ihre Schwester Evi am Start, die auch im Familienbetrieb mithilft und von welcher GrAnnie sagt, sie habe keinen Musikgeschmack.

 

Aber dafür hatte sie eine Tochter. Und Anis war die ganze Zeit über erstaunlich stark auf mich fokussiert. Selig und geruhsam schaute sie immer mich an. Man hätte fast denken können, dass sie auf mich stand.

 

 

Ich stand hingegen auf Alkohol. Zunächst verkostete ich einen griechischen trockenen Rotwein gekostet:  Naousa hieß er, glaube ich. Und dann erteilte GrAnnie mir die volle Freiheit. Inwiefern? Na ich durfte mich durch alle Alkoholika durchprobieren. Anfangs war ich etwas schüchtern, trank nach dem Rotwein nur den anderen Rotwein, aber dafür mal den lieblichen Imiglikos. Aber anschließend gleich einen Ouzo, den wirklich guten Ouzo, der nicht an Gäste verkauft wird. Leckeres Teil! Dann gab es eine grüne afrikanische Spirituose, die fast genauso wie Pfeffi schmeckte.

 

Weniger deliziös war der Willi, denn auf Obstliköre stehe ich gar nicht. Letztendlich gab es Bailey’s, aber da machte beim Nachschlag einen großen Fehler. Ich wurde allzu experimentierfreudig und schüttete aus lauter Unwissen Orangensaft rein, durch welchen das Getränk stockte, breiig wurde und unmöglich herunterzuschlucken war. Aber immerhin weiß ich jetzt, wie man Fake-Kotze selber herstellen kann.

 

 

Ich war trotz des chaotischen Durchtrinkens erstaunlicherweise nicht richtig betrunken. Ich schaffte es sogar, die mit Reißzwecken an Wänden und Decken befestigte Faschings-Dekoration abzumachen. Girlanden, Lampions und eingefädelte Luftballons wurden mit einem Teelöffel entfernt, leider bekam ich nicht alle Reißnägel ab, denn die waren zuvor oft allzu solide hereingehämmert worden. Außerdem hätte ich mir gewünscht, ein paar Zentimeter größer gewesen zu sein, denn auf Zehenspitzen auf einem Barhocker zu stehen, war manchmal etwas angsteinflößend.

 

Die Mädels machten sich unterdessen an die Girlanden heran, die nicht weggeschmissen, sondern nächstes Jahr weiterverwendet werden sollten. Das Zusammenfalten jener Papierketten sah kompliziert aus.

 

 

Um ca. 2 Uhr fuhren wir zu ihr heim und ich wurde müder und müder. Ihren Bocksbeutel-Weißwein habe ich kaum noch entnommen und schlief fast vor unseren Laptops ein. Am nächsten Morgen war ich zwar kaum vekatert, aber unfassbar müüüüüde! Betrunkenheitsskala: 4 von 10.

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500 Wörter – 22.02.2012

22/02/2012

Bahn erbrechend

 

 

Heute gibt es mal drei Mini-Blogeinträge zum Preis von einem. Es geht um Bahn-Beschissenheit, Großzügigkeit und die Singer/Songwriterin Doe Paoro.

 

1. Nach ein paar Tagen wollte ich wieder heimfahren, deshalb stand ich gestern Abend am Hauptbahnhof und schaute auf die große Anzeigetafel. 30 Minuten Verspätung. Na toll. Mit zusammengepressten Lippen ging ich zum Bahnsteig und stellte mich schon mal auf eine lange Wartezeit ein. Und so wartete und wartete ich. Und bemerkte währenddessen einen Typen, der unter dem Schild „Rauchfreier Bahnhof“ sorglos quarzte. Aus 30 wurden erst 40, dann 50 Minuten Verspätung. Am Ende konnte ich es gar nicht fassen: „Dieser Zug fällt aus“ stand da. Mein letzter Zug nach Hause! Ich ging vergrämt zum Service-Point und fragte nach irgendeiner Möglichkeit zur Rückerstattung des Fahrpreises. Immerhin 8,70 Euro. Sie schien ähnlich überfordert zu sein wie ich und konnte nur mit Kuli auf mein Fahrticket reinkritzeln. Darin stand in Kraxelschrift, dass dieses auch „für morgen“ (d.h. für heute) noch gelten solle, aber Gültigkeit konnte sie nicht garantieren. Toll, aber am Mi wollte ich eben nicht heimfahren! Geld zum Fenster rausgeschmissen. Deutschef*tzen*rschlochbahn!

 

2. Weil ich meine Freunde, bei denen ich zuletzt immer übernachtet hatte, nicht übermäßig ausnutzen wollte, fragte ich StefAB, ob ich zu ihm nach Aschaffenburg fahren könnte zum Übernachten. Das klappte! Es fuhr zwar nichts mehr nach Wertheim, aber immerhin nach Aschaffenburg. Ich musste zwar knapp 23 Euro zahlen für das ICE-Ticket, bin aber noch immer günstiger davongekommen als bei einem Hotelzimmer. Und Jugendherbergen für eine Einzelperson fühlt sich so suspekt an. Außerdem genoss ich sabbernd den Anblick meines Sitznachbarn, einem jungen Piloten in edler Uniform, denn der ICE fuhr ja bis nach Frankfurt. Ebenso erfreulich war dann das Szenario, das sich an einem Bahnautomaten im Aschaffenburger Hauptbahnhof heute Vormittag ereignet hat. Eine Anfangzwanzigerin und eine Schülerin fragten, ob ich nach Würzburg fahren würde, denn sie hatten ein Bayernticket und steuerten damit eh Bayreuth an. Ich müsste nur 5 Euro an beide zahlen, könnte aber mit ihnen mitfahren. Yeah! Und die zwei kamen auch günstiger weg. Win-Win-Situationen sind  was Feines!

 

3. Auch sehr schön ist die Musik von Doe Paoro. Die singende Songschreiberin aus Brooklyn wurde letzte Woche vom Indie-Blog-Magazin Stereogum.com gefeatured, bei ihr lohne sich das Hören des Albums Slow to Love (2012). Als sie von der Erwähnung in der Rubrik „Band to Watch“ Wind bekam, rief sie via Facebook Fans auf, ein paar nette kommentierende Worte zu hinterlassen. In wenigen Tagen entwickelte sich der Artikel zum meistgelesenen Post auf Stereogum.com, fast nur positive Kommentare sind dazu verzeichnet. Für einen noch relativ unbekannten Newcomer ist das eine große Leistung! Viele der Kommentatoren lieben ihre Stimme, die an viele bekannte Sängerinnen erinnert, manchmal liegen die personellen Vergleiche auf der Zunge. Es wurden bisher Lauryn Hill (naja, aber R’n’B-Sängerinnen der 90er, auch (Indie-)Popperinnen der 00er-Jahre kommen ihr schon nahe) und Fiona Apple (gerade „Can’t Leave You“ klingt stark nach Apples „Never Is A Promise“) genannt. So Feist-y. Die Musik hingegen ist teils James-Blake-sy. Maybe the next and better Lana del Rey?

 

 

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500 Wörter – 30.01.2012

30/01/2012

Lama del Rey

 

Died as Lizzy

 

Lana del Rey heißt mit bürgerlichem Namen Elizabeth Grant. Die Amerikanerin kommt aus Lake Placid, ihr Vater ist ein erfolgreicher Internet-Domain-Händler. Sie versuchte es als hellblondierte Lizzy Grant bereits 2008 mit einer EP, bzw. 2010 mit einer LP, als Singer/Songwriterin mit Indie-Pop herauszukommen, was ihr noch nicht gelingen sollte.

 

Anschließend nennt sie sich in Lana del Rey um, wechselt vom Indie-Label zur Major-Plattenfirma, wobei sie ihren ersten Plattenvertrag in Deutschland erhält. Währenddessen entwickelt sie ein neues Lolita-Image („Gangster Nancy Sinatra“), fügt ihrer Musik mehr Streicher-Sounds hinzu und lädt auf Youtube mehrere Musikvideos hoch.

 

 

Collágen und Collagén

 

Diese sind im Retro-Collagen-Stil mit wenig Geld selber erstellt worden, von denen eines ein viraler Hit wird: „Video Games“. Die eigentlich als gescheitert geltende Schauspielerin Paz de la Huerta erhält zweifelhaften Ruhm durch die Videoschnipsel, in der man sie besoffen, torkelnd und stolpernd sieht, gestützt von einem Unbekannten. Del Rey hingegen wird prompt von mehreren Indie-Pop-Rock-Blogs hofiert, wo manche Kommentatoren jedoch schon früh über ihre Lippenvergrößerung lästern.

 

Schließlich veröffentlicht sie „Video Games“ offiziell als erste Single. Klingt, als würde Sia plötzlich einen auf Cat Power machen. Eigenartig, solch ein unmodernes Orchester-Alternative-Pop-Lied so oft im Ottonormal-Radio zu hören. Und dennoch, nirgendwo sonst als in Deutschland wird dieser offenbar konsenstaugliche Song ein Nummer-Eins-Hit. In den UK-Charts gelang ihr nur Platz 8, während sie in ihrem Heimatland sogar nur auf Platz 91 klettern kann. Spiegel Online mutmaßte bereits, dass sie deswegen zum neuen David Hasselhoff werden könnte: hierzulande geliebt, in den USA verpönt.

 

 

Hyper, Hyper!

 

Im Laufe des Herbstes stiegen der Hype und auch die Vorfreude auf ihr Major-Label-Debütalbum an, da fast jeder „Video Games“ liebt. Währenddessen wird sie zunehmend zur polarisierenden Figur in der Blogosphäre. Gehasst wird sie von manchen wegen ihres angeblichen Mangels an Authentizität und Talent. Enttäuscht sind auch viele Menschen, als sie andere geleakte Songs wie „Off to the Races“ oder „This Is What Makes Us Girls“ von ihr hören. Klinge mehr nach herkömmlichem Pop, weniger wie ein zweites „Video Games“. Sie veröffentlicht daraufhin ihre zweite Single und das dazugehörige Big-Budget-Musikvideo (von Regisseur Yoann Lemoine aka Woodkid) zum Titelsong des Albums Born to Die (2012).

 

 

Reborn as Lana

 

Born to Die ist in Deutschland letzten Freitag herauskommen, erst warmgehört, dann via Amazon als MP3-Album gekauft. Wie klingt‘s? Orchestrale Balladen wie das erwähnte „Video Games“ existieren neben Popsongs, die auf subtilen HipHop-Beats basieren, z.B. das gelungene „National Anthem“. Im besten Fall kommt beides zusammen, wie beim dramatischen Highlight „Born to Die“, das das Album eröffnet. Ein wirklich schönes Lied, besser als „Video Games“, meiner Meinung nach, da die vorige Single zwar in Sachen Spannung anschwillt, es aber da nie zur Ausschüttung der klanglichen Endorphine kommt. Man hat das Gefühl, dass der Refrain von „Video Games“ mehr könnte, dass da noch was kommt, eine Art auditiver Orgasmus. „Born to Die“ klingt hingegen vollendet.

 

Ansonsten ist das Album recht solide, kein Meisterwerk, aber auch kein Totalflop-Song darin. Leider ist in der Standardversion nicht der gelungene Deluxe-Bonustrack „Lucky Ones“ enthalten. Gekommen, um zu bleiben.

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500 Wörter – 19.01.2012

19/01/2012

Und eins, und zwei, und eins,...

 

Als ich gestern mit dem Zug heimfuhr, hörte ich etwas, das eine Kleinigkeit darstellte, mich aber trotzdem zum Grübeln brachte. Ich habe das erste Mal in meinem Leben eine Ansage der Deutschen Bahn gehört, welche doch tatsächlich von einer Frau gesprochen wurde.

 

Man könnte wieder einen großen Bogen der Geschichte der Frauenbewegung und der emanzipierten Frauen nachzeichnen. Von den ersten heute berühmten Schriftstellerinnen wie Sappho über royale Herrscherinnen wie Elizabeth II. und Katharina die Große, über suffragettes, die sich für das Wahlrecht der Frauen stark machten, bis hin zu den Frauenrechtkämpferinnen der 68er-Bewegung, Alice Schwarzer, Thatcher, Merkel und die erste lesbische Regierungschefin überhaupt, die es in Island gibt.

 

Seit Jahren hat man, gerade in der westlichen und nördlichen Welt, das Gefühl, dass Geschlechtergerechtigkeit als ein Ideal einer modernen Gesellschaft durchaus angekommen ist. In meinem Studium begegne ich genauso vielen Studentinnen wie Studenten, Dozentinnen wie Dozenten, was sich Frauen vor hundert Jahren sicherlich nicht hätten träumen lassen können. In Polizeiwägen sitzt fast immer ein Mann UND eine Frau, genauso sind die Parteispitzen der Grünen und Linken auf Bundesebene besetzt.

 

Andererseits gibt es auch dieses Beispiel: je häufiger Tagesnachrichten-Medien über den Streit um die längst überfällige „Frauenquote“ informieren, desto weniger glaube ich daran, dass eine staatlich festgesetzte und auf alle Unternehmen jeder Branche übergreifende Regelung überhaupt in Kraft treten wird. Viele Quotengegner argumentieren zwar damit, dass das gefälligst die Unternehmen selber und unabhängig regeln sollten. Aber sind sie so naiv zu glauben, dass es die Verantwortlichen wirklich kümmern wird, wie viel mehr Frauen neben Männern im Betriebsrat nach der Quote sitzen werden?

 

Mir ist klar, dass es gewisse Männerdomänen und Frauendomänen gibt. Dass der Mainstream der Frauen andere Interessen verfolgt als die Masse des schwachen Geschlechts. Dass die weibliche Sexualität anders funktioniert, weshalb Hetero-Frauen eher Kopfkino und erotische Geschichten bevorzugen statt (audio-)visueller Porno-Medien. Frauen im Durchschnitt mögen eventuell feinfühliger und Männer physisch stärker sein. Wenn Fernsehreportagen einen Tag lang eine Arbeiterin im Bau oder in der Autowerkstatt begleiten, wie sie von den meist männlichen Kollegen akzeptiert wird, auch wenn diese zugeben, dass sie ihre Berufsentscheidung anfangs seltsam fanden, dann hat die Existenz der „starken Frau“ eher etwas von einer „Ausnahme von der Regel“.

 

Im Alltag erlebe ich, wo weder Kraft noch Feinfühligkeit primär gefordert ist, unbewusst viel Geschlechterbenachteiligung. Wäre ich eine Frau, wäre mir das sicherlich noch schneller und öfter bewusst. Warum, zum Beispiel, werden ausgebildete männliche Köche meistens zu Fernsehstars und Gourmetrestaurantbesitzer, während noch immer ausschließlich die Frau in den Köpfen der Menschen und in der Realität vor dem heimischen unglamourösen Herd steht? Lassen sich Köchinnen etwa schlechter vermarkten?

 

Leider fällt mir gerade kein anderes Beispiel außer das Starkochgewerbe und die Nahverkehrsmittel-Öffentlichkeit ein, bin mir jedoch sicher, dass es auch anderswo männerüberschusselig zugeht.

 

Nochmal zurück zur Zugansagerin. Jetzt in diesem Moment sehe ich keinen Schaffner die Gänge durchschreiten. Außerdem höre ich keine Frau aus den Lautsprechern des Zuges, was schade ist. Denn die gestrige Haltestelleninformantin vergraulte mich nicht mit einem genuschelten fränkischen Dialekt, sondern verzückte mich mit klarstem Deutsch: „Liebe Fahrgäste…“.

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500 Wörter – 17.01.2012

17/01/2012

Ich weiß jetzt nicht, wie es anderen Studentinnen und Studenten ergeht, wenn sie einen Tag haben, an dem nicht (nur) Uni-/FH-Kurse stattfinden, sie lernen oder sonst wie den Tag herumbringen, sondern (auch) ihren Nebenjob erledigen müssen. Bei mir ist es dann so, dass solch ein Tag dann im Zeichen der Arbeit steht.

 

Es gibt wie auch an allen anderen Tagen außer Sonntag mehrere Schichten wie die Vormittags-, Mittags- und Abendschicht. Meistens nehme ich die Schicht ab der Mittagszeit. Wenn ich in Würzburg übernachten kann bei Freunden, dann auch die abendliche Schicht. Heute war es jedoch anders, und prompt habe ich zur Frühschicht um 8h ein paar wichtige Vorbereitungs-Minuten verschlafen. Toll, kam zu spät zur Arbeit. Nur gut, dass meine Chefin und Ladeninhaberin diesbezüglich kulant war. Abgesehen davon: unfassbar, wie cool sie ist!

Ich habe seit zweieinhalb Monaten diesen Schnell-Gastro-Job, der unterschiedliche Fähigkeiten abverlangt: Akkurate Vor- und Zubereitung von Gemüse/Fleisch/Fisch, Teamfähigkeit, hilfestellende Kommunikation mit Kund/innen (kann ich gut), Kassieren, fachgemäße Reinigung von Arbeitsgeräten und -bereichen und generelle Organisation (kann ich weniger souverän). „Timing ist alles“, sagte heute meine Chefin. Stimmt genau. Bei so vielen Aufgaben könnte man schnell den Überblick verlieren, man arbeitet jedoch nie alleine. Da ich bisher immer der „Neue“ war, wurde mir seitens meiner Arbeitskolleg/innen bei kleinen Problemchen auch dankenswerterweise unter die Arme geholfen.

Ich „war“ während vieler Schichten noch der „Neue“, doch dies hat sich seit dieser Woche geändert. Der Welpenschutz ist weg, spätestens jetzt sollte man zeigen, dass man die Basics draufhat. Unser Team, das seit Dezember 2011 in Sachen Geschlechterverteilung ziemlich ausgewogen war, hat nun zwei Männer. Gleichzeitig ist damit die sehr hohe Migranten-Quote – unter anderem dänische, türkische, rumänische und russische Wurzeln finden sich unter uns – wieder etwas zurückgegangen. Wir können aber alle Deutsch, keine Sorge. Denn: Multi-Kulti ist gewiss keine Lüge, Frau Merkel und Herr Sarrazin.

 

Zurück zum Thema. Wir haben nun eine weitere Aushilfs- und eine Teilzeitkraft. Mit dem Aushilfsboy habe ich heute gearbeitet, und mir ist so einiges über mich klar geworden. Für viele Sachen habe ich selber bei meinen ersten Schichten, d.h. an meinen Einarbeitungs-Tagen, länger gebraucht als er, bis gewisse Aufgaben zur Routine wurden. Er lernt schnell. Viele Tasks kann ich bis heute nur marginal, was andere erfahrenere KollegInnen eigenständiger bewältigen können. Dadurch zweifelt man ein wenig an seiner Gesamtleistung im Laden.

Andere Aspekte brauchten bei ihm genauso viel Gewöhnung wie bei mir einst, z.B. der Saucen-Überblick. Und wieder anderen Techniken sitzen erstaunlicherweise ziemlich gut. Zu wissen, was ich bereits problemlos beherrsche, gab mir nachträglich dann doch Genugtuung (auf niemandes Kosten) und Selbstsicherheit gab. Keiner ist perfekt, jeder ist lernfähig.

Als sich der Mittagsstress gelegt hat und weniger Kund/innen da waren, wurde es entspannter. Wenn man auch mal quatschen und Quatsch machen kann, über An- oder Abwesende spottet, ohne es bitterböse und ernst zu meinen und man gleichzeitig sein Fett wegkriegt. bin ich froh. Froh, in diesem supermenschlichen Team mit Persönlichkeit statt nur Arbeitserfüllungsdruck zu sein. Da erkennt man, dass man den besten Nebenjob auf der ganzen Welt hat.

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500 Wörter – 13.05.2011

13/05/2011

500 Wörter

Was’n nur los mit 2011? Viele Album-Releases zwar, aber auch viele Bands und Künstler, die dieses Jahr nicht gänzlich überzeugt haben. Vor allem große Namen wie Radiohead oder TV on the Radio konnten nicht das einlösen, was schon durch ihren Ruf garantiert gewesen wäre. Nämlich konzeptuelle Konsistenz über gerade einmal acht Songs oder Tracks lang wie bei Radioheads achtem Studioalbum The King of Limbs. Zu viel Hype um die Vermarktung abbekommen? Oder eine gewisse Dringlichkeit, die TV on the Radio etwas abhandengekommen ist mit ihrem fünften Album Nine Types of Light. Doch allen Kritikerlieblingen, auch Lykke Li, oder zum Teil Gorillaz ist gemein, dass sie zwar auf hohem Niveau ernüchtern, dennoch irgendwie gut bleiben.

Kontrastieren kann man das mit meinen ehemaligen Lieblingsbands/-künstlern, welche aber nun gravierend statt nur marginal enttäuschen. The Wombats zum Beispiel. Oder Cold War Kids. Oder Lupe Fiasco. Allen drei gemein ist die Überproduktion ihrer aktuellen Alben. Schändlich.

Irgendwo zwischen verschmerzbarer Teilerfüllung und herber Enttäuschung befindet sich Lady Gaga. Das am meisten angekündigte Pop-Album dieses Jahres, Born This Way, hat schon vor dem offiziellen Releasetermin (23. Mai) drei Singleauskopplungen zu Tage gefördert, die von „wirklich unterhaltsam“ bis hin zu „enttäuschend schlecht“ auseinanderdriften.

Fange mal mit dem Mittelkind „Judas“ an, der zweiten Single über verbotene Liebe, das weder gut noch schlecht geworden ist. Stellt euch „Bad Romance“ in technoid und zickig und weniger hymnenhaft vor. Und das eine Menge Schlagzeilen geförderte Musikvideo dazu pinkelt schon auf meine hohen Erwartungen, weil es gut, aber nicht so grandios wie „Born This Way“. Dieses überzeugt nicht nur visuell mit der Übermenschlichkeit Gagas, sondern liefert auch nahrhaften Elektro-Disco-Pop. Und, ja, da waren auch die gewichtige Toleranz-Message und Minderheiten-Politik und die Kontroverse um angebliche Inspiration durch Madonna oder TLC.

Viel mieser als die beiden Singles ist nun die neueste: „The Edge of Glory“. Dies ist der erste veröffentlichte Song von ihr, der richtig nervt. Käsigkeit schaffen schon mal die sumpfigen Trance-Sounds, die sich mit dämlichem Pop-Rock abwechseln. Als ob Gaga Kelly Clarksons „My Life Would Suck Without You“ schlecht covert.

Der Autor Harald Peters aus der aktuellen Musikexpress-Ausgabe Juni 2011 ahnt ein böses Omen durch die Vorabsingles. Er fürchte sich im Artikel „Von einer enttäuschten Liebe“ über den Release von Born This Way, weil Frau Germanotta all den entstandenen Gaga-Hype um sich zu ernst nahm wie manche Popgrößen vor ihr und dank dieses Hypes nur enttäuschen könne: „Lady Gaga ist sozusagen die Fortsetzung von Michael Jackson, Marilyn Manson und Madonna mit anderen Mitteln. Sie hat den unbedingten Willen zum Erfolg, den Mut zur Hässlichkeit, ein Händchen für Provokation. Sie hat ungebremstes Mitteilungsbedürfnis und eine Meinung zu allen möglichen Dingen. Sie hat in den vergangenen Monaten so oft hören dürfen, wie ungemein relevant sie als Künstlerin sei, dass sie auf die unkluge Idee kam, ihre Meinung in ihrem künstlerischen Werk aufgehen zu lassen, worunter jetzt die Musik, die Botschaft und damit auch die Hörer leiden.“

Wie wahr. Allerdings sollte man nicht allzu schwarzsehen, doch ein Leben ohne eine überzeugende Lady Gaga würde schon sucken.

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Das war 2010 – Meine Lieblingsalben des Jahres

31/01/2011

Meine Lieblingsalben des Jahres

 

Wir haben auf den ersten fünf Plätzen ausschließlich SolistInnen, erst auf Platz 9 erscheint das erste von zwei Alben von richtigen Bands. Solo-Künstlerinnen und -Künstler dominierten sowohl die Alben-Käufe als auch die Heavy Rotations dieser Platten.

Ganz vorne lieferten sich lange Zeit Sufjan StevensThe Age of Adz und Kanye Wests My Beautiful Dark Twisted Fantasy ein Tauziehen um mein persönliches Album 2010. Beides in gewisser Weise Konzeptalben, beide hochambitioniert, sehr durchdacht, meisterhaft produziert und trotz aller Verkopftheit auf ihre Weise sinnlich und schön. Letztendlich gab ich Sufjans Meisterwerk den Vorzug, weil seines noch komplexer, mutiger, leidenschaftlicher war als Kanyes fünftes Album. Zwar hat der angenehm größenwahnsinnige Kritikerliebling …Fantasy des Boulevard-Hassobjektes meine Sicht auf HipHop nachhaltig verändert, doch das polarisierende und alles auf eine Karte setzende Adz meinen ganzen Musikgeschmack auf den Kopf gestellt. Auch vernachlässigt habe ich die Tatsache, dass Sufjans Album zwei mittelmäßige Tracks („Bad Communication“ und „All for Myself“) hatte, während Kanyes Scheibe nur über einen halben („Gorgeous“) verfügte.

Ansonsten schlugen sich die nicht weniger ehrgeizigen soulesken Jamie Lidell und Janelle Monáe wacker. Beim ersterem hätte ich sogar erwartet, dass er mit Compass die Nr. 1 erlangen würde. Aber ich konnte ja nicht wissen, dass Stevens und West mich im Herbst 2010 noch richtig sprachlos machen würden. Auch über The ArchAndroid lässt sich kaum etwas Schlechtes sagen, auch wenn zwei oder drei Tracks von ihr einem dann doch irgendwie egal waren im Vergleich zum kühnen Rest.

Nun zu einer Mischung aus hotchippigem Elektropop, retrospektivem House, Kraftwerkscher Electronica und verschwurbelten Musiken wie Psychedelic, Post Rock und Avantgarde. Caribous Swim war die Platte, mit der Fahrradfahren und sonstige sportliche Aktivitäten so richtig Spaß machte. Im Vergleich zu den ersten vier Plätzen (wegen der weniger vorhanden Konzeptualität) eher ein Album zum Nebenbeihören, dann aber für solche Zwecke ziemlich ideal. Und gerade dessen Tracks „Odessa“ und „Found Out“ waren die richtige Mischung aus Hirn und Hüfte. Danke, Dan „Caribou“ Snaith!

Ansonsten beeindruckte mich auch kurz vor Jahresende das nicht pünktlich zum Release gekaufte Zum Glück in die Zukunft von Marteria, der in Sachen poppiger und perfekt produziertem Hip-Hop Kanye Wests Vision ähnelte, aber auf jeden Fall „zum König geboren“ ist für die deutsche Rap-Thronfolge. Sehr charmanter Synthie-Pop-Rap mit Peter Fox, Miss Platnum, Jan Delay, Arnim Teutoburg-Weiss (Beatsteaks) und Yasha (bei „Verstrahlt“) als Gäste.

Und dann hätten wir einen weiteren Rapper, der aber den Aloe-Blacc-Weg einschlug und sich für Soul entschied. Auch wenn die vier Jahre alten Singles „No Good“ und „Mama“ richtig tolle HipHop-Tracks mit erstaunlich unpeinlichen Gesangsrefrains waren. Ben Drew aka Plan B, dem man den Hit „She Said“ gegönnt hatte, hatet aber auf seinem zweiten Album The Defamation of Strickland Banks noch bessere Songs auf Lager, gerade das erste Viertel der Platte ist von grandioser Melodiösität und Tiefsinn.

Überraschend gut war auch die Soul-Popperin Corinne Bailey Rae, ein Platz weiter oben, welche nach vier Jahren Pause (nach ihrem Debüt) reifer im Sound war. Mit The Sea verarbeitete Rae den Tod ihres Ehemannes und lässt auf diesem Album trotz Melancholie das hin und wieder nötige Fröhlichsein nicht aus dem Augen. Hinzu gesellten sich gekonnt Soul-, Indie-Rock-, Singer/Songwriter- und Jazz-Klänge und ergaben ein stimmiges Gesamtbild. Schade nur, dass sie in Deutschland so unfassbar unpopulär ist.

Zum Schluss noch die zwei Band-Alben. MGMTs Congratulations war war eine unerwartet gelungene zweite Scheibe des US-Duos. Ein Psychedelic-Pop-Rock-Manifest ohne dreist ohrwurmigen Clubhits (wie „Time to Pretend“ oder „Kids“ aus dem Debütalbum) ist ihnen gelungen, das eigentlich nur in einem Stück hörbar ist, weil die Tracks einzeln gehört eher lasch anmuten. Doch in diesem Gesamtkunstwerk eingebettet klingt das alles durchgedreht und gut.

So ähnlich kann man auch Yeasayers ODD BLOOD beschreiben, schon im Albumtitel wird auf Eigenartigkeit hingewiesen. Die Art, wie sich tanzbarer Funk-Pop, Indie Psychedelic Rock und teils retrolastige Synthie-Sounds die Hand geben, faszinierte sehr. Und die Stimmen von Chris Keating (die souligere) und Anand Wilder (die indie-rockigere blutleerere) wechselten sich vornehm ab.

Ein klein wenig enttäuschend hingegen waren die Platten von Vampire Weekend, die 2008 noch mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum ganz vorne landeten, und von M.I.A., deren Album mir teilweise zu harsch und zu zerpflückt daherkam. Die Platten von Sia, These New Puritans und von LCD Soundsystem ließen mich, auch wenn sie nicht schlecht waren, in Albumlänge ziemlich kalt. Fast in die TOP10 wären hingegen die Sachen von PVT und Grinderman gelandet, doch diesen zwei Alben konnte ich nicht dasselbe Herzblut widmen wie denen auf den Plätzen 1 bis 10. Die Platten von Hot Chip, Menomena und Gorillaz besitze ich leider nicht, waren aber recht gut, zumindest, was ich so nach einem Mal Hören auf LAST.FM als Stream hören konnte. Das Goldfrapp-Album ist leider nicht gut, besitze ich aber zum Glück nicht. Im Gegensatz zum Album des spirituellen Egomanen Prince, das ich zwar besitze, wofür ich aber zum Glück nur wenige Euros draufzahlen musste für das Rolling-Stone-Heft inklusive 20ten, dessen furchtbar mies produziertes Stück Scheiße. Kein Soul, sondern Schleim…

 

10) Yeasayer / ODD BLOOD

9) MGMT / Congratulations

8) Plan B / The Defamation of Strickland Banks

7) Corinne Bailey Rae / The Sea

6) Marteria / Zum Glück in die Zukunft

5) Caribou / Swim

4) Jamie Lidell / Compass

3) Janelle Monáe / The ArchAndroid

2) Kanye West / My Beautiful Dark Twisted Fantasy

1) Sufjan Stevens / The Age of Adz