Eigentlich wollte ich über, ähem, Deutschland sucht den Superstar heute schreiben. Jedoch ist mir ein tatsächlich ärgerlicheres Thema dazwischengekommen: Es geht um lange Schlangen in der Uni Würzburg.
Ich als alter Studi-Hase kann mich noch an unbeschwerte Zeiten erinnern, in denen das Warten auf etwas nicht so enervierend war. Doch die Uni ist an vielen Orten schlichtweg voller geworden.
Nach meinem teils großzähligen Immatrikulations-Jahrgang 2007 sollte es damals danach wieder ruhiger geworden sein. Bis 2011. Hier fing nach dem inneren Credits-Module-Chaos des Bologna-Prozesses das äußere organisatorische Chaos an. Dies hatte seinen Ursprung in der Umwälzung des Schulsystems. Von neun Jahren Gymnasium (G9) sollten die Schüler/innen bereits nach acht Jahren (G8) fertig sein mit ihrer Hochschulreife.
Stichworte: doppelter Jahrgang, da zeitgleicher Schulabschluss vom letzten G9-Jahrgang und erstem G8-Jahrgang. Einschreibungsmöglichkeit des G9-Jahrgangs und Vorlesungsbeginn für alle im Mai statt im April 2011 wegen G9-Abschlusses im Frühling. G8-Rest im Oktober 2011. Und: Wehrpflicht-/Zivildienst-Abschaffung, wodurch die Abiturienten noch früher mit dem Studieren anfangen konnten.
Soweit die Theorie. Die Praxis sieht jedoch ziemlich beschissen aus. Ohne Doppeljahrgangs-Puffer wäre die Universität räumlich zwar sofort explodiert, doch man merkt überall, dass es enger geworden ist. Schlecht vorbereitet hat man sich hierbei:
1) Dank der Massen an Erstis ist neuerdings eine Wohnungsnot in Würzburg entstanden, wodurch nicht nur alle Wohnheims-Plätze belegt waren, sondern auch normale Wohnungen.
2) Trotz der Aufstockung der Anzahl von die Uni abpassenden Bussen merkt man gerade zu Stoßzeiten, dass es die reinste Misere ist, den falschen Bus zu erwischen. Allerdings: etwas seltener gab es früher jedoch auch schon Sardinen-Box-Feeling (z.B. in der Linie 114).
3) Kommst du zwischen 11:45 und 12:15 in die Hubland-Mensa, werden dich die Horden von hungrigen Individuen zum Heulen bringen. Folge der in den 70ern zu klein gebauten Mensa: bei beliebten Gerichten wirst du mindestens 10 Minuten allein fürs Ergattern des Essens einkalkulieren müssen. Da ist die Bezahlschlange noch nicht einmal mit eingerechnet.
4) Ähnliches Spiel bei den Cafeterias. In den Pausen zwischen Vorlesungen, d.h. 9/11/13/15:45 und 10/12/14/16:15, hat es früher nie 20 Meter lange Staus gegeben. Eher ein Viertel davon.
5) Dass es zu wenige Dozenten für zu viele Studenten gibt, ist in Anglistik/Amerikanistik und Politologie/Soziologie ein Riesenproblem.
6) Dank der Abschaffung der Drucker im Foyer der Universitätsbibliothek seit diesem Jahr müssen die meisten auf die neuen Kopiergeräte zurückgreifen. Doch weil es im Erdgeschoss nur drei Geräte gibt, von denen meist einer defekt ist, entstehen so unglückliche Schlangen und Trauben von Menschen.
7) Auch im Kopierraum der Teilbibliothek Anglistik/Germanistik/Romanistik könnte ich aus ähnlichen Gründen kotzen.
Und selbst in meinem geliebten Copy-Shop am Fuße der Universitätsbibliothek ärgert es mich oft, dass ich manchmal zu spät hereinkomme. Einmal, d.h. heute war zwar nur ein dämliches Sportstudenten-Lehramtspärchen vor mir. Copy-Shop-Mitarbeiterin: „Den ganzen Ordner?“ – Hot-Pants-Blondinen-Tussi: „Ja, den ganzen Ordner“. Ich schaute von hinten genau auf den Monitor des Druck-PCs: es waren mehr als 20 Word-Dokumente und Power-Point-Präsentationen! Sie schickte schon mal ihren einfach gestrickten Käppi-Freund zu den ausspuckenden Druck-Kopierern, während ich mich nach fünf Minuten sinnlosen Wartens wutentbrannt wieder umdrehte in Richtung Ausgang.