Archive for the ‘wertheim’ Category

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500 Wörter – 20.07.2012

20/07/2012

 

 

 

 

Typische Frage in Gesprächen mit neuen Leuten: woher kommst du? – Ähm, aus Wertheim, und du? – Nein, ich meinte, wo du ursprünglich herkommst. – Ach so, aus Laos kommen meine Eltern, bin aber hier geboren.

 

 

Wenn die Leute aber tatsächlich zuerst wissen wollten, woher ich in Sachen Heimat stamme, und sie den Ortsnamen Wertheim hören, schaltet sich gleich die Assoziation ein: „Ah, Wertheim Village!“

 

Ja, Leute, genau, ich wohne im Wertheim Village, in diesem Factory-Outlet-Center (FOC) zwischen dem BOSS-Laden und der Calvin-Klein-Underwear-Filiale.  Die falsch gestellten Fragen und Reaktionen nerven zwar ein wenig, doch nehme ich es ihnen allgemein nicht so sehr übel.

 

Seit Mitte der Nullerjahre existiert das Einkaufsparadies für gut betuchte Sparfüchse, Touristen und Mittelschichts-Angehörige auf dem sogenannten Almosenberg, und hat die Burg Wertheim zumindest kommerziell als Wahrzeichen abgelöst. Die meisten Nichtkenner wissen gar nicht, dass das künstliche Dorf ca. 10km von der Stadt selber entfernt ist.

 

 

Zuerst musste ich vor Erfüllung des Vorhabens, nach Würzburg zu fahren, mehrere Sachen erleiden, die typisch sind in der Provinz. Mehrere Autos vor mir fuhren hinter LKWs, die wiederum einem beschissenen Traktor hinterherfuhren. Und als das dringende Tanken an der ESSO nicht klappte wegen weiteren Auto-Schlangen, zog es mich zu einer freien Tankstelle in Wertheim-Bettingen. Doch auch dort wurde ich gepiesackt, nämlich von einer lahmen, gebrechlichen Greisin vor mir an der Zapfsäule.

 

Nach all dem Trubel wollte ich mich erst einmal, naja, ausruhen. So fuhr ich zum Wertheim Village, welches keine zwei Kilometer entfernt ist. Dort war ich seit fast zwei Jahren nicht mehr! Der Plan war, Ex-Kommilitone und Ex-Student TBB-Ball-Tobibei der Arbeit im Levi’s-Store zu besuchen, ohne etwas Bestimmtes zu kaufen. Als er mich sah, freute er sich riesig.

 

Er erzählte lauter Anekdoten von der Arbeit, fragte mich anschließend, was ich denn so für Sachen gut fände und welche Jeansgröße ich besäße. Sogleich drehte er mir drei Hosen an, von denen eine Jeans trotz Slim-Schnitt gut saß, farblich bloß okay war. Bei einer grauen Jeans musste ich die Luft anhalten, gefiel mir optisch jedoch besser. In die dritte passten nicht mal meine Beine rein.

 

Aufgrund des mangelnden Einkaufsbudgets entschied ich mich für ein Oberteil. Von insgesamt sechs T-Shirts und zwei Polo-Shirts, die er mir zumeist empfahl, fand ich viele solala, weil sie beim Anziehen nicht saßen. Ein Shirt war aber fast perfekt = das beste Teil. Gekauft!

 

Levi’s ist tatsächlich der Laden mit dem besten Service trotz oder gerade wegen der geringen Unaufdringlichkeit der Verkäufer/innen. Außer man kennt einen von denen, haha! Dort finde ich aber immer etwas. Und dass ich den extrem humorvollen TBB-Ball-Tobi so wiedersehen konnte, war sicherlich stimulierend für meine Lachmuskeln.

 

 

Komisch, dass ich auf der Rückfahrt nach Hause beim Ortsanfang von Urphar einen schwarzen Coupé (Audi?) halten sah. Dahinter war eine ganze Schlange von Autos, vielleicht 15 bis 20. Ich sah nur den männlichen Fahrer ein rotes Ding auf die Wiese schmeißen, dann stieg er wieder ein und fuhr weiter. Als ich länger hinschaute, erkannte ich ein rotes Kissen in Herzform. Beziehungsstress? Fantasie, schreib mir eine Geschichte dazu!

 

 

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500 Wörter – 19.05.2012

19/05/2012

Pet Views

 

 

 

Ein Haustier zu haben wäre mal etwas Feines. Was ein wenig die Sehnsucht an eines stimuliert hatte?

 

 

Eines Nachts musste ich mit dem Auto von Würzburg nach Kreuzwertheim heimfahren. Auf der ländlichen Strecke – auf der holprigen, schmalen und kurvenreichen Straße zwischen Holzkirchhausen und Kembach und auf der schneller befahrbaren Landstraße zwischen Kembach und Dietenhan – sind mir einige Tiere über den Weg gehopst. Ein Hase, eine Maus, ein Fuchs, eine dörfliche Hauskatze.

 

Und etwas, das zwar aussah wie ein junger Fuchs, allerdings mit blondem Fell. Letzteres Tier empfand ich als superputzig, als es nach einigen Überlegungen verschüchtert ins rechte Gebüsch verschwand. Die durch das Fernlicht geblendeten Tiere konnten wie ich froh sein, dass ich in jenen Momenten nicht allzu unkonzentriert oder schnell fuhr.

 

 

Weniger erfreulich war dieser Moment. Einmal musste ich z.B. Oli/Horschdä heimfahren. Er wohnte als Schüler bei seinen Eltern in einem fast abgeschotteten Kaff mit viel Wald außenherum. Zu jener Zeit hatte ich erst seit einem Jahr meinen Führerschein, war also mitten in der Probezeit. Es war zappenduster und irgendwo zwischen zwei Dörfern geschah es: plötzlich überquerten zwei Wildschweine orthogonal meine Strecke.

 

Von 80 km/h an musste ich stark bremsen, die Wildschweine waren für jene Geschwindigkeit erstaunlich nah am Kühlergrill, doch sie verschwanden rechtzeitig. Es gab keine Kollision, doch als ich kurz darauf anhielt und Beifahrer Oli und ich die verschonte Vorderseite von Papas Auto uns näher anschauten, meinte ich zu ihm: „Du, Oli, ich glaub, ich sah Haare fliegen!“

 

 

Natürlich würde ich mir kein Wildschwein als Haustier zulegen, aber dieses fuchsartige Tier von vorhin kommt verdammt nah dran. Meine Familie hatte früher, als ich kleiner war, tatsächlich Haustiere. Nein, nicht nur Motten, Spinnen oder Silberfische. Richtige Fische! Ein Aquarium mit mehreren Fischen hatten wir.

 

Früher gab es in Wertheim einen Laden für Aquarienbesitzer. Dank diesem Aquaristik-Geschäft wurde ein wahrlicher Kindertraum war. Wir hatten anfangs die allbekannten Goldfische, aber die haben den ganzen Boden dauernd vollgekotet. Der nützliche, wenn auch unästhetische Staubsaugerfisch und Guppys waren weitaus sinnvoller für dieses Feuchtgebiet. Das weiße Krebstier war hingegen selten zu beobachten.

 

 

Es ist schwierig, bei uns Haustiere zu unterhalten, da wir mehrere Stockwerke über einer Möbelfabrik wohnen. Zwar sind das Mainufer und etwas Gras in der Nähe, aber sonst ist da viel Asphalt. Und einen gescheiten Garten oder Rasen haben wir auch nicht. Hunde und Hasen fallen also schon mal weg. Mein Vater und ich haben nicht immer Zeit, um sich für aufmerksamkeitsbedürftige Hunde zu kümmern. Für Reptilien wäre die Wohnung zu klein und das Budget auch.

 

Katzen wären da natürlich selbstständiger. Aber ich kann Katzen immer nur so schwer einschätzen. Bei Meerschweinchen und Hamstern, die mein Vater mir damals leider verbot, könnte ich später nur schwer verkraften, dass sie eine geringe Lebensdauer haben. Doch letztere würden am ehesten in Frage kommen, auch wenn ich mal wieder in Würzburg wohnen könnte.

 

 

Bis dahin tröste ich mich mit der Spiele-App „Pet Tamagotchi“ hinweg. Mein Octopus muss nämlich auch gefüttert, geduscht und bespaßt – Fische angeln (um Punkte zu erhalten) – werden. Koten und Schlafen auch.

 

 

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500 Wörter – 01.05.2012

01/05/2012

Ödes Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium

 

 

Kleinstadtödnis Vol. 3. Kann mich nicht daran erinnern, dass der 1. Mai, Tag der Arbeit, in meinem Leben jemals erinnerungswürdig gewesen wäre.

 

 

Für mich ist das nur ein weiterer Feiertag, der einen an allen zum Opfer fallenden Tagen außer Sonntag am Einkaufen und so hindert, wie so oft in den Frühlingsmonaten. Ein Tag in Gedenken an die Arbeiterbewegung?  Ein fränkischer, schwäbischer, emsländischer und ostfriesischer Grund, um eine umkränzte überlange Holzstange zu feiern. Stichwort Maibaum. Schön und gut, die SPD und die Gewerkschaften lassen heute sicherlich die Korken knallen und es ist sehr wichtig, bis heute, die Rechte von Arbeitnehmer/innen zu stärken. Aber daraus gleich einen gesetzlichen Feiertag zu machen statt nur einen Gedenktag: hmpf. Zwar zum Teil kein freudiger Anlass zum Feiern, aber warum ist z.B. nicht auch der 8. Mai, erinnernd an das Ende des Zweiten Weltkrieges anno 1945, ein gesetzlicher Feiertag?

 

 

Schon schön, dass die Sonne scheint. Die ganze Zeit überlege ich, ob ich mir einen Ruck geben soll, um jetzt hinauszugehen, oder vielleicht später am Nachmittag. Ups, da bin ich nach all dem Hin- und Herüberlegen wohl doch auf dem Sofa eingepennt. Wie spät?

 

Es ist 16:00 Uhr. Es läuft eh nichts Spannendes im Fernsehen, nur lauter Wiederholungen und ältere Filme für die ganze Drecksfamilie. Aber hier kommt ein Lichtblick: 3sat. Zuvor war ich schon leicht an einem Live-Konzert der Rolling Stones hängen geblieben. Aber nun konzertiert Peter Gabriel. Kaufen könnte man seine letztjährige Live-DVD New Blood eigentlich auch, aber da ich eh kein Fan von ihm bin… Andererseits, wow, die Orchestrierung zu seinen alten und etwas neueren Songs ist schon sehr gelungen, wunderschöne Pop-Avantgarde!

 

 

Oh, nein, meine spleenige Mutter kommt, warum auch immer. Jetzt solltest du spätestens abgehauen sein, raus in die Freiheit. Ich ziehe strapazierfähige Klamotten an wie eine Badehose und lasse Gesicht wie Haare und Gesicht ungewaschen/ungegelt/ungecremt. Nehme meine Tasche, Kamera und dazu auch das reparierte Rennrad. Wohin? Nach Wertheim. Ganz alleine.

 

Öde Schulerinnerungen

 

Zeit für ein bisschen Nostalgie. Ich fahre den mittelmäßig steilen Schulweg zu meinem alten Gymnasium hoch und merke oben, über wie wenig Kondition ich verfüge. Und merke, dass sich hier oben so wenig verändert hat seit meinem Abitur, während ich heftig nach Luft schnappe.

 

Öder Nahkauf

 

Rase den Berg wieder herunter und halte an gewissen Plätzen, die früher, auch werktags, mit mehr Leben gefüllt waren. Was früher die Leberkäs-Brötchen-Zentrale REWE war, ist nun zum Teil der Nahkauf geworden, teils auch ein Russen-Laden. Das leerstehende schaufensterreiche Haus waren mal Die Tafeln.

 

Ödes leeres Geschäftshaus

 

Und wo einst ein Quelle-Katalogs-Outlet-Warencenter beheimatet war und noch früher das tolle Mainkaufhaus (Nähartikel, Briefmarken, Süßigkeiten, Spießerklamotten), ist nun ein großer Hauch von nichts.

 

Ödes Ex-Mainkaufhaus

 

Um 20:00 Uhr begebe ich mich wieder nach Kreuzwertheim. Ans Mainufer. Eine weiß gestrichene Bank um viel Gras lädt mich zum Draufliegen ein und ich schaue gen Himmel, wo schwarze Punkte die Schäfchenwolken umkreisen. Irgendwelche Fliegen oder gewässernahe Mücken sind das. Lese im mobilen Web Zeugs, mache wieder Fotos/Videos und denke mir: warum bin ich immer so alleine? Und: warum tut mein Hintern so weh nach den paar Stunden Rennradfahren?

 

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500 Wörter – 16.03.2012

16/03/2012

Tauber-Wertheim

Blablabla, der Frühling ist da. Ja, wir haben es ja kapiert, liebe Facebook-Gemeinde.

 

 

Sie schreiben, dass ihre Heizung daheim ausgeschaltet ist, dass manche sogleich schon an den Sommer denken. Von „Kaiserwetter“ (Goldbasti) ist die Rede, kurzen Hosen, von der „Jacke-um-die-Hüften-Saison“ (Heartbreak Bär) oder einem Pseudo-Juni-Tag sogar.

 

Mensch, warum geht ihr denn dann nicht raus ins Freie, anstatt euch hinter Facebook-Posts zu verstecken? Oder seid ihr derzeit an Bürojob oder Seminar-/Bachelor-/Master-/Diplom-/Doktorarbeit gekettet? Eine Stunde oder zwei Sonnenstunden kann man ja durchaus mal über sich ergehen lassen, trotz Lernscheiße.

 

 

Dies tat ich auch, mal nicht in Würzburg und nicht in Aschaffenburg oder Schweinfurt oder wo auch immer. Heute Mittag schlurfte ich zu Fuß nach Wertheim und fühlte mich wohl. Zu meinem T-Shirt nahm ich nur meine uralte ausgeblichene Jeansjacke und meine Umhängetasche mit.

 

Während des Überquerens der „Neuen Brücke“ und des Wechsels von Bayern zu Baden-Württemberg hörte ich Musik von der Elektro-Goth-Pop-Künstlerin Grimes, während ich nicht fror, aber fast schon schwitzte unter meinem Schal.

 

 

Im Kaufland wurde aufs Klo gegangen zwecks Frisur-Umstylings mit Gel, in den Zeitschriften herumgeblättert, schnell noch Getränke gekauft. Dann wieder raus mit mir. Aber nicht, ohne ein paar Wertheimer Freaks zu begegnen. Der stark gebräunte Deutschtürke, der immer weiße Klamotten und viel süßliches Parfüm trägt, hat mich zum Beispiel begrüßt.

 

Anschließend lief ich zum Roxy Kino. An den Schaufenstern merke ich, dass bei denen die Filmauswahl nicht so schlimm ist wie sonst. The Descendants läuft jedoch nur zweimal bis Mittwoch. Und ich war immer noch nicht in Ziemlich beste Freunde.

 

 

Anschließend ging es in die Altstadt. Habe die neueste Musikexpress-Ausgabe in der „Buchhandlung Rahn“ gekauft und die Verkäuferin dort war ausgiebig zuvorkommend. Weiterhin konnte ich mich nicht entscheiden, in welches Café ich gehen sollte. Dann werde ich mal etwas Neues wagen…

 

Café Amore steht nahe dem größeren Eiscafé Boutique, existiert noch nicht so lange und hat sich bisher auch noch nicht richtig behaupten können. Früher: ein Blumenladen. Ich verweile zwecks Wetters draußen, da ich gerne Passanten beim Vorbeilaufen beobachte. Die Karte liegt bereits auf dem Tisch und meine sonnenbebrillten Augen beobachten die anderen Gäste, alle sitzen sie outdoor, einer davon könnte der Inhaber des Cafés sein. Leichtes italienisches Flair.

 

Finde die Preise ziemlich moderat und bestelle mir für 1,90 Euro eine gar nicht mal so kleine Tasse Milchkaffee. Kokos-Biscuit als Kaffeebeilage, und ein Glas Wasser, geil! Später wird es noch ein Käsekuchen mit demselben Preis. Ich bin entzückt, auch von der guten und freundlichen Servicekraft. Vermeide das unschlagbare 3-Kugeln-Eis-Angebot für 1,50 Euro.

 

 

Langsam wird es aber immer kälter, die wenigen Gäste immer weniger. Ich beschließe zu zahlen, um noch nach den letzten Sonnenstrahlen zu jagen. Erst bin ich etwas ziellos, suche mir dann einen Bäcker für Laugenbrötchenartiges und setze mich damit auf eine Bank am Ufer der in den Main fließenden Tauber.

 

Brrr, irgendwie kalt wird es, ich hätte einen Pulli mitnehmen sollen. Lesen, Fotos von Enten machen oder sich mit dem Smone zu beschäftigen geht auch nicht lange gut, ich muss mich wieder in ein Café bewegen…jetzt!

 

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500 Wörter – 15.02.2012

15/02/2012

Schmankerl zum Käffchen

 

Meistens dienen sie als nettes Gimmick auf der Untertasse einer großen oder kleinen Tasse Manchmal werden sie übersehen, weil sie außerhalb der Sichtweite platziert sind. Manchmal wird das Hinzufügen dieser von der Service-Bedienung oder der Thekenperson vergessen. Manchmal wird von ihnen zwar Notiz genommen, aber erst nach Verköstigung der flüssigen Hauptsache. Manchmal werden sie sogar aus Gründen des Hungermangels, der Großzügigkeit oder der eigenen übertriebenen Gesundheitspolitik verschmäht oder weitergegeben. Meistens aber erfreuen sich die Menschen daran: es geht um die kleinen kostenlosen Kaffeebeigaben.

Ich weiß nicht, inwieweit dies zur Tradition bei den Cafés und Restaurants oder Kneipen mit Tassenkaffeeverkauf geworden ist, aber fast alle von ihnen legen zur Porzellanuntertasse und zur Tasse, zum Pott oder zum Latte-Glas so etwas mittlerweile hinzu. Sei es Filterkaffee, Café Crema, Milchkaffee, Cappuccino, Espresso, Latte…igitt…Macchiato oder sonstige Kaffeevariationen. Selbst Heiße-Schokolade-Besteller kommen auf ihre Kosten.

Klassiker ist der Keks, der in Plastikhülle eingepackt ist und den man selber aufreißen muss. Ist anscheinend hygienischer. Dieser Keks erinnert geschmacklich und farblich an die Spekulatius der Vorweihnachtszeit, hat allerdings eher die Form eines zu schmal geratenen Butterkekses. Wie viele Zähne die Café-Versionen haben? Sicherlich weniger als 52. Früher, als ich mit Karo aka Wolta und Oli/Horschdä oft in der Eiscafé Boutique war, war dieser Keks neben dem „Milschkaffäh“ Kult. In der Caféteria im Wertheimer Krankenhaus sowieso.

Auch oft beliebt sind Amarettini. Obwohl das rundliche Gebäck weitaus kompakter als sein flacher Artverwandter ist, ist der Geschmack nachhaltiger als der des Plastikkeks. Gesichtet im Da Barista in Wertheim und im Uni-Café in Würzburg. Und im Brückenbäck in Würzburg, wo die dort angestellte Bino mir mal an einem Abend ein kleines Schälchen mit eben diesen Amarettini zu irgendetwas Kaffeehaltigem serviert hatte. Mit Honig-Dip, nur weil ich mich als Kumpel von Bino auch an die Theke gesetzt hatte.

Andere dieser Etablissements versuchen, kreativer in der Hinsicht zu sein. Allerdings gehört das teils schokohaltige Waffelgebäck aus der Gebäckmischung nicht zu den einfallsreichen Ideen. Viel schöner sind da z.B. Stückchen von frisch gemachten Waffeln wie im Wunschlos glücklich.

Auch liebevoll sind solche vermeintlich selbst gebackenen Plätzchen, die vor allem vor Weihnachten eher beigefügt werden. Aber letzten Sonntag kam ich auch an einem Sonntag im Februar in den Genuss des zarten Mürbeteiggebäcks. Im Stadtcafé in Wertheim, in das ich eher selten hingehe, gab es blasse goldgelbe Plätzchen, die nicht nach Industrie geschmeckt hatten. Da eine Bäckerei integriert ist, ist das auch wenig verwunderlich.

Auch schön sind im Ionis in Wertheim die ganzen Mandeln im Schokomantel. Ist zwar auch Industrie-Ware, aber nicht jeder Laden kann von sich behaupten, solche außergewöhnlichen süßen Kleinigkeiten hinzuzufügen.

Im Würzburger Kult, das ich manchmal für etwas zu hip finde, gibt es aber eine grandiose Kaffeebeilage: diese Koala-Kekse, die man als Kind viel öfter gegessen hatte, weil immer einer aus der Klasse die Packung in der Schule mit dabei hatte. Pure Nostalgie!

 

Ideen für weitere Kaffeebeilagen:

–          Rocher oder Rondino

–          Vanillekipferl (schmecken auch jenseits der Weihnachtszeit, denke ich)

–          Chocolat Pavot (diese Pralinen mit Mohn)

–          Schokolierte Kaffeebohnen

–          Mini-Butterkekse

–          Mini-Baisers/-Meringues

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500 Wörter – 06.02.2012

06/02/2012

Sexshopwetter

 

 

Das Wetter ist derzeit so hinterfotzig! Extreme Frostigkeit gesellt sich zu Wolkenlosigkeit, Schneearmut und Sonnenschein. Da wünscht man sich manchmal statt nur wärmenden Gedanken auch wärmende Umarmungen herbei. Und da wir eh schon bei Hinterfotzigkeit im übertragenen Sinne sind, kann man…

 

…gedanklich auch einfach mal zur wörtlichen Bedeutung zurückkehren. Dass ich mit 24 Jahren bisher noch nie in einem Sexshop war, ist doch erstaunlich, oder? Die klassische Offline-Version des frivolen Zubehörladens meine ich natürlich. Aber es muss wohl an verschiedenen Faktoren liegen.

 

 

Ich komme aus der Provinz und in der Kleinstadt Wertheim gibt es so etwas nicht. In Würzburg hingegen bin ich schon oft an zwei kleinen Sexshops in der Innenstadt vorbeigelaufen. Doch mehr, als dass ich mich über die Kuriosität der im Schaufenster ausgestellten Artikel wie Dildos und Hausmädchen-Dessous amüsiert habe, war nicht drin. Habe mich ganz einfach nicht alleine hereingetraut. Und obwohl ich nicht selten weiblichen wie männlichen, homo- wie heterosexuellen Freunden wie Herrn Leo vorgeschlagen hatte, mit mir mal an einem freien Tag vorbeizuschauen, konterten diese lediglich mit der Aussage: „Jaja, Sray“!

 

Die Spießer konnten nicht verstehen, dass ich vor allem wegen des Unterhaltungswertes der Produkte und weniger wegen Shoppingaktivitäten den Ladenbesuch wagen wollte. Zu zweit macht es doch mehr Spaß, dachte ich. Vor allem, seitdem Joko und Klaas das Porno-Pingpong zum Kultsport unter jungen gebildeten Menschen erklärt haben.

 

 

Am Samstag war es dann endlich soweit: mein erster Besuch eines Sexshops. Da ich am Samstag eh mit dem Auto nach Würzburg gekommen war, dachte ich, dass ich nach der Arbeit und vor der Heimfahrt noch mal die Nürnberger Straße hochfahren könnte. Denn ich überlegte mir auch, dass ich für mein erstes Mal an einen der besseren sexy Läden vorbeischauen sollte. Also wurde es der Beate-Uhse-Shop im Industriegebiet.

 

Der Beate-Uhse-Shop ist schätzungsweise mindestens dreimal so groß wie die Altstadt-Verwandten. Als ich den Laden betrat, war ich erst einmal etwas verwirrt, denn obwohl ich einen großen Verkaufsraum im Blick hatte, wirkte er dank all der Säulen so verwinkelt. Also lief ich erst pfadlos einmal an der fast durchsichtigen Reizwäsche eher geschwind vorbei und machte noch vor den Zeitschriften halt, da ich zu meinem persönlichen Highlight gelangen wollte: den Pornos.

 

 

Die Pornowand ist gewaltig. Habe mich fast erschlagen gefühlt von der Auswahl an Hetero-Pornos, bzw. Pornos mit Frauen, die meist vorgeben, queer zu sein. Zentral sind die Pornofilmchen zwischen 19 und 39 Euro platziert. Es gab weiterhin einen Seitengang mit meist eher neueren DVDs, die mit bis zu 90 Euro zu Buche schlagen, die jedoch zum Ausleihen günstiger zu haben waren. Gemessen daran stellte die Mittelklassenpreis-Auswahl der Gay-DVDs ein Zehntel davon da, oder so.

 

Außerdem gibt es noch viele stark reduzierte DVDs, mit denen man sich auch zur Not vergnügen könnte, diese sind aber sehr trashy. Das restliche Filmangebot ist oft sehr überteuert und ich frage mich ob das in Zeiten von Youporn und Premium-Webseiten überhaupt noch jemand kauft. Habe ich eigentlich etwas gekauft? Das verrate ich nicht…

 

Ach, ja, und Einzelkabinen zum ungestörten Filmgenuss gibt es auch. Wie nett!

 

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500 Wörter – 14.01.2012

14/01/2012

Blendendes Anti-Kinderkino

 

 

Gestern Abend war ich im Kinofilm Verblendung (Originaltitel: The Girl with the Dragon Tattoo, USA 2011) an. Keine Angst, ich werde nichts spoilern!

 

Interessant, mit wie vielen Aspekten ich den Film konsumiert hatte. Ich tat dies als…

 

…ein Jemand mit Vorwissen:

Filmkritiken waren wohlwollend, aber nicht überschwänglich jubelnd. Außer jene vernichtende auf Spiegel Online. Regisseur: David Fincher. Hauptrollen: Daniel Craig als Mikael Blomqvist und Rooney Mara als Lisbeth Salander. Ersteren habe ich bisher nur in Steven Spielbergs Drama München – ähnlich lang wie Verblendung – als Nebendarsteller gesehen. Selbst die Craig-Bond-Filme wurden grundlos verschmäht. Nennenswert sind auch Stellan Skarsgård (Melancholia, Fluch der Karibik, Teil 2 und 3), Joely Richardson (Julia in Nip/Tuck) und Christopher Plummer (Beginners, Ein russischer Sommer) in nicht unwesentlichen Nebenrollen.

 

…ein Jemand ohne Vorwissen:

Ansonsten kenne ich weder die Stieg-Larsson-Buchvorlage noch das verfilmte Original aus Schweden. Gut so, konnte ich, ohne die Plot-Entwicklung und das Ende zu kennen, Verblendung dank Uninformiertheit mit Spannung schauen.

 

…Ottonormaldummer:

Oje, habe den Überblick verloren, was die Familie Vanger angeht. Habe ich das richtig verstanden? Journalist Blomqvist verliert medienpräsenten Rechtsfall, wird daraufhin wegen seines Scharfsinns von einem reichen Vanger-Greis für ein Verschwinden seiner Nichte angeheuert, dies liegt 40 Jahre zurück. Er vermutet einen Mord und einen Serienmörder als Täter, der unter den Familienmitgliedern sein soll. Er spürt die unkonventionelle Hackerin Salander auf, über die der Alte  Blomqvist gefunden hatte. Mit ihrer Hilfe wollen beide die dunkle Vergangenheit der Vangers aufdecken.

 

…Symbolist und Metaphoriker: Apple, EPSON und McDonalds/Happy Meal in Sachen Marken. Ansonsten Tiere wie die Hauskatze, Religion/Bibel, Schweden, analog vs. digital (z.B. Fotos), familiäre Konflikte, Wildnis vs. Urbanes, Autos und deren Abkommen von der Straße, Gewehre und Spießertum vs. Unangepasstheit/antisoziale Handlungen.

 

…Erotomane:

Sexy sind Daniel Craigs enge Jeans, eisblaue Augen und sowie sein nicht ganz so Bond-mäßig gestählter, aber noch immer definierter Körper. In der meisten Zeit nahm ich seine Rolle jedoch als eher glaubwürdig-seriös statt sexsymbolisch wahr. Manchmal anziehend: Stellan Skarsgårds bonzig-bad-boyische Aura. Und, verzeiht mir, auch der bärtige und dicke Nils Bjurman, der überhebliche Sozialhilfe-Beamte mit den sexuellen Grenzüberschreitungen, der vom sonst nicht sooo adipösen Yorick van Wageningen, gespielt wird, hat etwas verstörend Geiles an sich. Als Hete würde ich wohl auf Joely Richardson (MILF!) und Rooney Mara (Bad Girl!) stehen.

 

…ein Jemand, der vom Regisseur bisher nur The Social Network gesehen hat:

Leider hatte ich bisher nur The Social Network angeschaut, Seine Klassiker wie sind mir unbekannt. Doch ein direkter Vergleich zu anderen Werken, ist sofort möglich: Rooney Mara spielt, im Gegensatz zum Facebook-Film, hier natürlich eine ganz andere Sorte junger Frauen, statt als „sozial eingebundener“ Zicken-Gegenpart zum eher eigenbrötlerischen Mark Zuckerberg mimt sie diesmal die Außenseiterin. Einnehmend vor allem ihre verletzlich gespielten Momente zwischen all dem Tough-Girl-Dasein. Ansonsten weniger dialog-, aber genauso kopflastig als The Social Network. Viel Technik ansonsten, aber kaum „neue Medien“, höchstens E-Mail und Handy-Telefonate. Nur die 1-Sekunde-Einblendung einer Facebook-Startseite als augenzwinkernde Selbstreferenz. Nur etwas mehr Blut, viel mehr Crime, ansonsten viele klare/kühle bewegte Bilder. Ein guter Film, etwas einnehmender als der Fincher-Vorgängerfilm, wenn auch kein Meilenstein.

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500 Wörter – 20.08.2011

20/08/2011

Warum ich Vegetarier wurde...

In 14 Tagen jährt sich nicht nur mein Geburtstag zum 24. Male. Auch werde ich sechs Jahre lang als Vegetarier gelebt haben.

Mein Dasein als Fleisch-Verzichtender fing mit 16 Jahren an, ich war fast 17. Neben Outing, Selbstbewusstseins-Schüben, unerfüllter Verliebtheit, Hautunreinheiten und Indie-Musik-Entdeckungen war es auch die große Zeit der politischen Aktivitäten. Denn ich war eine Zeit lang Mitglied der Grünen Jugend. Meine Freunde Karo aka Wolta und Horschdä/Oli H. waren bereits beigetreten, gerade dabei, die GJ-Ortsgruppe für Wertheim aufzubauen, den es für die Jugendabteilung der Grünen in Wertheim nicht mehr gibt. So schlugen sie mich zum Beisitzer der Ortsgruppe vor, zu dem ich dann auch gewählt wurde. Auch wenn ich als Einwohner Kreuzwertheims ein Bayer war. Demnach war ich auch oft auf Parteitagen, sowohl auf Länderebene wie in Stuttgart wie national in Erfurt oder Jena.

Beim ersten Parteitag lernte ich eine Kölnerin kennen, die aufgedreht, cool und sehr lieb schien. Sie wollte mich dann auch mit einem Kumpel und GJ-Kollegen verkuppeln, der jedoch auf jener Versammlung nicht anwesend war. Ich erhielt die Handynummer des damals 27-Jährigen und rief an. Wir telefonierten ganz oft, da wir uns gut verstanden, sodass ich dann beschloss, extra seinetwegen nach Köln zu fahren. Es war ein schönes Wochenende mit „Roque“, auch wenn er am Ende wohl etwas genervt von mir war, dies aber nie zugab. Es wurde dann auch nichts mehr zwischen uns, höchstens Facebook-Freunde. Was aber prägend für mich war, war, dass er seit seinem 5. Lebensjahr Vegetarier war, und dass er trotz oder gerade wegen Fleischverzichts so unkompliziert und unbeschwert lebte, dass ich mir an seinem Lebensstil ein Beispiel nahm, aber eher unbewusst und auch zeitverzögert.

Die Zeit mit meinem Vater war essenstechnisch geprägt von viel Fleisch, da ich noch nicht in der Selbst-ist-der-junge-Koch-Phase war. Alle Gerichte waren fleischig: italienische Pasta, asiatische Nudelgerichte, einfaches Allerweltsessen. Das wurde mir dann aber irgendwann zu viel, ich wollte eine radikale Pause einlegen, wobei dieser anfangs eher kurzzeitige Fleischverzicht nun seit vielen Jahren langfristig währt. Dies proklamierte ich dann an meinem 18. Geburtstag. Und das ist auch der einzige Grund für meinen Wandel im Essensverhalten, weniger ideologische Gründe, auch nicht, dass man von weniger Fleisch abnimmt, im Gegenteil. Schon eher geschmackliches Nichtmehrgutfinden als Alternativgrund.

Seit dem Veggie-Beschluss habe ich mich nicht nur von Soja-Bolognese-Saucen oder durchaus leckeren Grünkern-/Gemüsebratlingen in der Mensa ernährt. Auch Salate sind mittlerweile superlecker! Durchaus aus Versehen oder bewusst kokettierend habe ich ein paar Male Fleischhaltiges gefuttert, z.B. die verbrannte Bratwurst während meines Sommerferienjobs als Würstchendreher auf der Laurenzimesse in Martheidenfeld. Oder aus Höflichkeit die fleischige Kohlroulade von Karos Mutter.

Doch zu 98% meiner 6 Jahre habe ich nicht daran gedacht, wie es wäre, wieder Fleischfresser zu werden. Schon eher Veganer. Aber fürs Veganerdasein koche ich schlicht zu selten, müsste viele Austauschprodukte kaufen, gekauftes Fast Food ginge nicht zu konsumieren, ich könnte nie einfach so in Restaurants gehen, ohne nach den Zutaten zu fragen. Viel zu kompliziert! Außerdem liebe ich als Ovo-Lacto-Vegetarier Käse und Eier zu sehr, den geliebten Bio-Honig in unserer WG ja sowieso!

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500 Wörter – 15.08.2011

15/08/2011

Bahnhofnarren

Vater, ich habe gesündigt. Ich habe an einem Samstagvormittag einer fast gleichaltrigen Frau am Bahnhof in Wertheim nicht ausreichend helfen können.

Es ereignete sich letzten Samstag (13.08.2011). Ich wachte ohne Weckinstrumente – ein Fehler! – erst 35 Minuten vor Abfahrt des Busses am Wertheimer Busbahnhof (08:40) auf. In Kreuzwertheim.
Schaute geschockt auf die Handy-Uhr, wurde von saumäßig müde zu halbwach und bereitete dementsprechend nur halbherzig-hastig alles für die Fahrt vor: Sachen packen, Kaffee und Frühstücks-Banane verzehren. Anschließend Zähne putzen, Gesicht waschen, Haare stylen, Gesicht eincremen. Der Hygiene-Part dauerte nicht so lange wie sonst, alles andere schon. So war ich erst um 08:35 fertig mit allem.

Schnell ins Auto. Papa/Fahrer, fragte viel zu gelassen, ob ich den Bus noch in der Zeit bekommen würde. Los, los! Wir konnten später in Wertheim von 50m aus sehen, dass der Bus an jener Alternativ-Haltestelle hielt und blinkte. Ich gab mich auf, ließ den Busfahrer fahren, wollte nicht aus dem Auto aussteigen und die Straße rennend überqueren. Nicht mein Stil. Am benachbarten Bahnhof entschied ich mich für den erstbesten Zug: 10:35. Beschissene Bus-/Zug-Taktung in der Provinz. Verabschiedete mich – von mir selbst angepisst – von meinem Vater und lief mit Gepäck in die Altstadt, setzte mich in ein Café.

Bei der Rückkehr kam ich um 10:25 wieder am Bahnhof an. Warum bin ich nicht bloß früher angekommen? Vier Menschen stehen vorm einzigen Fahrkarten-Automaten. Bei der ersten Frau verlief der Kauf schnell, die zweite war eine offensichtlich verplante Studentin. Diese wollte unbedingt ein „Baden-Württemberg-Ticket Single“ haben, kam aber nicht klar mit den Optionen auf dem Touchscreen-Display. Es gelang trotz drei männlichen Helfern nicht, von „Gruppe“ auf „Single“ zu switchen. Sie machte es anders. Sekunden wurden zu gefühlten Minuten. 10:29.

Beim dritten Menschen lief es weitaus schneller. 10:30. Der vierte Typ, der einzige Mensch noch vor mir, wollte diesmal ein „Bayernticket“, ich musste ihm auch noch beim Drücken helfen. Kann man Länderticket-Käufe nicht einfach ½ Stunde vor Abfahrt erledigen? 10:33.

Endlich ich. Hinter mir stand nur noch eine Gleichaltrige mit rotem Top. Das Eintippen verlief sehr schnell. 8,50 Euro? Fucking teuer! Ach Mist, das Ding nimmt keine 20-Euro-Scheine. Ok, ich habe noch 10 Euro. Der während meines Drankommens bereits angerauschte Zug brummte bedrohlich. Es ist Zeit. 10:35, Abfahrtszeit.

Das Hinter-mir-Mädchen, das nun dran war, drückte nervös am Automaten herum, beauftragte mich, als ich hinter der Zug-Tür stand, die Bahn noch irgendwie aufzuhalten. Wie denn?! Sekunden wurden zu Millisekunden. Ich sah einen Bahn-Kontrolleur ganz hinten mit einem fremden Mann quatschen. Er war zu weit weg, um ihn um zwei Minuten Bahn-Verzögerung wegen der Frau rufend zu bitten, die längst die Krise bekam. Er stieg ein, dann gingen die Automatik-Seitentüren zu. Ich versuchte, mich dagegenzustemmen und sie wieder zu öffnen, zweimal klappte das auch. Beim dritten Mal aber piepte das Ding und ich befürchtete Konsequenzen für mich beim weiteren Türstoppen.

Sie schlossen sich, während das Hinter-mir-Mädchen am Automaten das sah und mit dem Fuß aufstampfte und sich sichtlich verzweifelt ärgerte. Sie tat mir sehr leid, aber ich konnte nicht mehr als das tun.

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500 Wörter – 29.05.2011

29/05/2011

500 Wörter

Was macht man, wenn man ich ist, die Decke damit droht, auf den Kopf zu fallen, gewisse Menschen das Leben von einem schwer machen und man sich an einem Wochenende nach Sonnenwärme auf dem Körper sehnt? Man geht raus und lässt seinen Frust raus, indem man in Pedale tritt. Einfach mal radeln.

Ich schnappe mir Papas Rennrad, fahre los, auf in die Natur, in die domestizierte Wildnis. Ich mache dies spontan und alleine, denn laut gewisser Stimmen habe ich ja anscheinend keine Freunde. Zunächst bin ich schnell raus aus dem bayerischen Kreuzwertheim. Fix angekommen im baden-württembergischen Wertheim fahre ich zunächst etwas ziellos an ufernahen Wohnhäusern und spazierenden 50plus-Paaren vorbei, durch mittelmäßig befahrene Straßen und dann durch die Altstadt. Nach einer Viertelstunde bin ich selbstverständlich noch nicht ausgepowert, dennoch ist mein Mundraum trocken.

Mache kurz Halt an meinem Lieblingscafé in Wertheim: Da Barista. Es gibt sowohl professionell zubereitete Kaffeespezialitäten als auch Vor-, Haupt- und Nachspeisen mit angedeutet italienischem Flair. Da schon 18:00 ist, sind nur noch vereinzelt Gäste da, sonst ist das Café weitaus besser gefüllt. Der Servicekräfte sind immer freundlich, die Preise eher gutbürgerlich, aber ebenso human. Käsekuchen, Espresso und das lauwarme kostenlose Wasser dazu heitern mich dennoch auf. Es geht weiter.

500 Wörter

Ich fahre auf dem sogenannten Wein-Tauber-Wanderweg an einem großen Spielplatz vorbei, auf dem ich als Kind Riesenspaß hatte. Wehmütig blicke ich vom Rad aus auf das hölzerne Klettergerüst, die Rutsche, das Sitzkarussell und die Mini-Seilbahn. U30- und Ü30-Menschen lassen es sich gut gehen.

Es geht auf dem Radweg weiter durch einen dichten Wald. Ich merke nicht nur, dass man auf dieser Strecke gewisse Höhenunterschiede zu überwinden hat, sondern auch, dass ich das Hochstrampeln eines arg steilen Hügels nicht mehr so souverän meistere wie als Jugendlicher. Mehr Kondition bitte.
Nach dem Entdecken eines frivol entstellten Hinweisschildes habe ich wohl auch schon den Gipfel des „Berges“ erreicht. Es geht wieder herunter. Angenehm dynamisch wird es nun. Hui. Ich gelange bei Erreichen des Tals in Waldenhausen an, ein zu Wertheim eingemeindetes Dorf. Doch nach nur drei Minuten mache ich aus Mangel an spannenden Ideen und Sehenswürdigkeiten kehrt und muss erneut den Berg im Wald bezwingen.

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In Wertheim wieder angelangt, geht es in die entgegengesetzte Richtung nach Bestenheid, was seit 1913 nach Wertheim eingegliedert ist. Davor fahre ich am Skaterpark vorbei und beobachte eine Gruppe von Skatern, die sich auf einer Bank über etwas wie ein Smartphone herüberbeugen. Ein unabhängiger Skater skatet derweil halbnackig herum. Doch nicht mal in Bestenheid angekommen, habe ich auch schon keine Lust mehr. Ich drehe wieder um.

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Cruise wiederholt durch Wertheim, diesmal nach Eichel, ein Wertheim-nahes Dorf, das tatsächlich so heißt. An einem geteerten Ufer am Main lasse ich mich nieder. Ich überblicke das andere Ufer, Kreuzwertheims schöne Weinberge, einen langen Frachter mit luxemburgischer Flagge, der gerade durchschippert und das Gewässer und eine Mehrweg-Pfandflasche kurz aufmischt. Die noch immer präsente Sonne lässt meine Armhaare schimmern und wärmt mich bis ins Innere. Wertheim und Umgebung tun mir doch manchmal ganz gut. Sie lassen mich meine Sorgen kurz vergessen.

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