Posts Tagged ‘cold war kids’

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500 Wörter – 13.05.2011

13/05/2011

500 Wörter

Was’n nur los mit 2011? Viele Album-Releases zwar, aber auch viele Bands und Künstler, die dieses Jahr nicht gänzlich überzeugt haben. Vor allem große Namen wie Radiohead oder TV on the Radio konnten nicht das einlösen, was schon durch ihren Ruf garantiert gewesen wäre. Nämlich konzeptuelle Konsistenz über gerade einmal acht Songs oder Tracks lang wie bei Radioheads achtem Studioalbum The King of Limbs. Zu viel Hype um die Vermarktung abbekommen? Oder eine gewisse Dringlichkeit, die TV on the Radio etwas abhandengekommen ist mit ihrem fünften Album Nine Types of Light. Doch allen Kritikerlieblingen, auch Lykke Li, oder zum Teil Gorillaz ist gemein, dass sie zwar auf hohem Niveau ernüchtern, dennoch irgendwie gut bleiben.

Kontrastieren kann man das mit meinen ehemaligen Lieblingsbands/-künstlern, welche aber nun gravierend statt nur marginal enttäuschen. The Wombats zum Beispiel. Oder Cold War Kids. Oder Lupe Fiasco. Allen drei gemein ist die Überproduktion ihrer aktuellen Alben. Schändlich.

Irgendwo zwischen verschmerzbarer Teilerfüllung und herber Enttäuschung befindet sich Lady Gaga. Das am meisten angekündigte Pop-Album dieses Jahres, Born This Way, hat schon vor dem offiziellen Releasetermin (23. Mai) drei Singleauskopplungen zu Tage gefördert, die von „wirklich unterhaltsam“ bis hin zu „enttäuschend schlecht“ auseinanderdriften.

Fange mal mit dem Mittelkind „Judas“ an, der zweiten Single über verbotene Liebe, das weder gut noch schlecht geworden ist. Stellt euch „Bad Romance“ in technoid und zickig und weniger hymnenhaft vor. Und das eine Menge Schlagzeilen geförderte Musikvideo dazu pinkelt schon auf meine hohen Erwartungen, weil es gut, aber nicht so grandios wie „Born This Way“. Dieses überzeugt nicht nur visuell mit der Übermenschlichkeit Gagas, sondern liefert auch nahrhaften Elektro-Disco-Pop. Und, ja, da waren auch die gewichtige Toleranz-Message und Minderheiten-Politik und die Kontroverse um angebliche Inspiration durch Madonna oder TLC.

Viel mieser als die beiden Singles ist nun die neueste: „The Edge of Glory“. Dies ist der erste veröffentlichte Song von ihr, der richtig nervt. Käsigkeit schaffen schon mal die sumpfigen Trance-Sounds, die sich mit dämlichem Pop-Rock abwechseln. Als ob Gaga Kelly Clarksons „My Life Would Suck Without You“ schlecht covert.

Der Autor Harald Peters aus der aktuellen Musikexpress-Ausgabe Juni 2011 ahnt ein böses Omen durch die Vorabsingles. Er fürchte sich im Artikel „Von einer enttäuschten Liebe“ über den Release von Born This Way, weil Frau Germanotta all den entstandenen Gaga-Hype um sich zu ernst nahm wie manche Popgrößen vor ihr und dank dieses Hypes nur enttäuschen könne: „Lady Gaga ist sozusagen die Fortsetzung von Michael Jackson, Marilyn Manson und Madonna mit anderen Mitteln. Sie hat den unbedingten Willen zum Erfolg, den Mut zur Hässlichkeit, ein Händchen für Provokation. Sie hat ungebremstes Mitteilungsbedürfnis und eine Meinung zu allen möglichen Dingen. Sie hat in den vergangenen Monaten so oft hören dürfen, wie ungemein relevant sie als Künstlerin sei, dass sie auf die unkluge Idee kam, ihre Meinung in ihrem künstlerischen Werk aufgehen zu lassen, worunter jetzt die Musik, die Botschaft und damit auch die Hörer leiden.“

Wie wahr. Allerdings sollte man nicht allzu schwarzsehen, doch ein Leben ohne eine überzeugende Lady Gaga würde schon sucken.

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Tagversüßer Vol. 13

27/01/2011

David Bowie - Space Oddity

 

David Bowie mit „Space Oddity“.

 

Das Tagversüßer-Konzept hat so seine Schwächen. Postet man für diese Blog-Rubrik ein Musikvideo zu einem Song, der einem schon am Vormittag gefällt, den man vielleicht früh morgens mitgesummen hat, dann ist nicht sichergestellt, dass er den Tag wirklich am meisten versüßt hat. Es kann ja sein, dass man am Abend z.B. ausgeht und in einem Club ein tolles Lied hört oder ins Kino geht und dort durch den Soundtrack so richtig versüßt wird. Und dann stimmt der Post mit dem bereits dargebotenen Song mit eingebettetem Video nicht mehr, dann ist sind Video + Song de facto nur der Vize-Tagversüßer. Und ändern will man das dann nicht, weil das auch nicht sehr authentisch herüberkommt.

So war es gestern mit Cold War Kids‘ „Louder Than Ever“, das aus Mangel an Alternativen herhalten musste für den Mittwoch-Tagversüßer. War zwar ein gutes Lied, ist derzeit sogar auf Platz 7 meiner Charts. Aber schon während des Abtippens stand ich nicht vollends dahinter.

 

Außerdem war ich gestern nach langer Zeit wieder im Kino. Vor zwei Monaten sah ich Exit Through the Gift Shop. Und am Mittwoch Abend war ich dann im Roxy, im Kino in Wertheim. Dienstag und Mittwoch gibt es die Auslese-Reihe, manchmal auch VHS-Kino genant. Hier werden keine Blockbuster oder Kinderfilme gezeigt, sondern oft eher mittlere oder kleinere Filme, solche, die ein oft anspruchsvolleres und bürgerlicheres Publikum ansprechen. Lost in Translation oder Sideways habe ich so in Wertheim in der Jugend sehen können, zuletzt lief Goethe!.

Und gestern und vorgestern wurde Drei gezeigt, der aktuellste Film von Tom Tykwer, diese Ménage à Trois über bourgeoise Missstände, Schwangerschaften und Bisexualität. Toller Film, tolle SchauspielerInnen! Und in diesem lief „Space Oddity“ von David Bowie, was, um nochmal auf den Anfang des Post zu kommen, der verdiente Tagversüßer für gestern gewesen wäre.

 

Ich war verwirrt. Ich kenne den Psychedelic-Folk-Rock-Song „Space Oddity“ schon länger und verstand nicht, was Bowies erster großer Single-Klassiker von 1969 mit Drei zu tun hat. Und tue es immer noch nicht. Vom Blog Spinner.com zu den 25 traurigsten Songs der Musikgeschichte gewählt, handelt es sich in den Lyrics Bowies vordergründig um eine traurige Geschichte über einen fiktiven Astronauten namens Major Tom. Major Tom, der abhebt und kurz vorher noch Kontakt mit der Bodenstation („Major Tom to Ground Control…“ / „Ground Control to Major Tom…“) sucht. Erst klappt alles, doch dann bricht die Verbindung langsam ab. In seinen letzten Worten bittet er die Leute von der Bodenstation, seiner Frau mitzuteilen, dass er sie sehr liebe.

Hintergründig geht es um etwas ganz anderes, nämlich soll die Weltall-Metapher eigentlich für den Drogenkonsum und Raumfahrer Major Tom für einen Abhängigen stehen. Bowie selbst bestätigte in der 1980er-Single „Ashes to Ashes“ selbstreferenziell auf künstlerischem Wege: „Do you remember a guy that’s been / In such an early song / I’ve heard a rumour from Ground Control / Oh no, don’t say it’s true“. Und: „Ashes to ashes, funk to funky / We know Major Tom’s a junkie / Strung out in heaven’s high / Hitting an all-time low“. Bowie meinte später, dass „Space Oddity“ wohl als autobiographische Auseinandersetzung mit seiner damalige Lebensphase zu sehen ist.

Wichtig zu erwähnen ist noch, dass „Space Oddity“ 1969 veröffentlicht wurde. Am 11. Juli 1969 nämlich wurde die Single veröffentlicht, ein paar Tage vor dem Start der Apollo 11-Mission, durch die ja bekanntlich und angeblich (viele Mythen und Verschwörungstheorien ranken sich darum) der Mond seinen ersten Fußabdruck bekam, und durch welche die moderne Raumfahrt begonnen hatte. Bowie erklärte, dass er maßgeblich von Stanley Kubricks Sci-Fi-Klassiker 2001: Odysee im Weltraum beinflusst war, als er dieses Lied schrieb. Und in diesem Film, hier muss ich leider spoilern, geschieht am Ende sozusagen das, was in „Space Oddity“ beschrieben wurde: der Unfall, durch den sich die Hauptfigur von der Zivilisation abkapselt.  Man kann sagen, dass der Titel eine Verballhornung des englischen Originaltitels 2001: A Space Odyssey ist. Ist Bowie nicht ein genialer Songwriter (bezogen auf beide erwähnten Singles)?
Ich empfehle die tolle und doch nicht allzu lange Kolumne „Was „Major Tom“ the astronaut a real person?“ vom Autor Songbird auf The Straight Dope – Fighting Ignorance Since 1973. Hat für das Verständnis der Lyrics sehr beigetragen.

 

Also im Tykwer-Film Drei geht es, hier diesmal, ohne etwas zu spoilern, wirklich weder um Raumfahrten noch um Drogenmissbräuche. Wie dem auch sei: der Film ist, obwohl er gut ist, etwas Böses angestellt. Wie zuvor erwähnt, dadurch, dass er „Space Oddity“ als Soundtrack verwendet hat, hat er das Lied entzaubert. Ist aber auch damit zu erklären bei mir, dass ich manche Songs dafür liebe, dass man sie nicht so oft zu hören bekommt. Denn so halten sie das Besondere daran aufrecht. Und anscheinend wurde „Space Oddity“ gestern dann von einem „besonderen“  zu einem nur noch „normalen“ tollen  Lied.

David Bowie hat mein Leben und meine Musikgewohnheiten bisher noch nicht allzu sehr beeinflusst wie viele MusikkritikerInnen, die älter sind als ich, oder auch meinen Blogkollegen ok23, der Bowie-Fan ist. Ich kann mich noch erinnern, dass die Verzauberung durch „Space Oddity“ wiederum damals bei der unterhaltsamen WDR-Show Zimmer Frei stattgefunden hatte, als Bestseller-Autor Frank Schätzing zu Gast bei der Pseudo-WG war und, von Götz Alsmann am Klavier begleitet, „Space Oddity“ sang.  Nicht nur, dass ich so erfuhr, dass Schätzing echt eine tolle Stimme hat: so hab ich auch Bowies Song das erste Mal kennengelernt.

Soll ich noch erwähnen, dass „Space Oddity“ mehrmals von den unterschiedlichsten Bands und KünstlerInnen gecovert oder geschändigt wurde (je nachdem), u.a. von Cat Power, Helloween, Émilie Simon, Tangerine Dream und Def Leppard. Die bekannteste Version ist natürlich die vom Brasilianer Seu Jorge, akustisch in Wes Andersons tollem Film Die Tiefseetaucher (The Life Aquatic with Steve Zissou) geadelt. Jetzt sollte ich aber mal aufhören mit dem Labern. Hier für euch das Originalvideo zu „Space Oddity“, das vom legendären Mick Rock 1972, also drei Jahre nach der ersten Single-Veröffentlichung, gedreht wurde…

 

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Tagversüßer Vol. 12

26/01/2011

Cold War Kids - Louder Than Ever

Cold War Kids mit „Louder Than Ever“.

Ja, die Kinder des Kalten Krieges sind seit letztem Freitag mit neuem Album zurück, nämlich mit Mine Is Yours (2011), dem dritten Album der Kalifornier. Und erst seit diesem Jahr wird mir bewusst, wie heftig diese Alternative-Soul-Rock-Band polarisiert. Es gibt nur wenige Menschen oder PlattenkritikerInnen (haha, als ob KritikerInnen ja keine Menschen seien, haha!), welche das amerikanische Quartett weder klasse noch kacke finden. Wobei: es gibt schon nicht wenige Menschen, denen CWK egal sind. Es existieren jedoch mindestens genauso viele Hasser der Musik dieser Band. Hingegen scheint es nur wenige Menschen wie meine Wenigkeit zu geben, die die Kids wirklich toll finden.

Ich muss hier allerdings gestehen, dass die Sympathien für Cold War Kids etwas gesunken sind, seitdem sie letztes Jahr die EP Behave Yourself (2010) veröffentlicht haben. Die Songs darauf waren gut und okay, aber nicht mehr ausnahmslos grandios. Und die Vorabsingle „Louder Than Ever“ macht weniger laut von sich aufmerksam, als der Titel dies vermuten lassen würde. Poppiger und polierter ist ihr Sound geworden, doch haben sie gleichzeitig viel von ihrer charmanten Schepperigkeit verloren, wegen der ich die Cold War Kids früher fälschlicherweise für eine Indie-Gruppe mit Soul-Einschlag gehalten hatte. Gerade die Mischung Soul+Blues+Lo-Fi+Rock machte sie damals (fast) einzigartig. Nun wollen sie aber so sein wie die in den USA erfolgreichen Kollegen von The Black Keys (auch ehemals schepperig und wild klingend). Ihr eigenes Ergebnis reicht nicht für einen weiteren Klassiker wie die früheren Singles „We Used to Vacation“ oder „Hang Me Up to Dry“.

Ich weiß eigentlich auch nicht so recht, warum ich gerade dieses Video zum Tagversüßer erkoren habe. Denn das vom Regisseur Vern Moen gedrehte Musikvideo ist zwar ganz stylisch, sieht aus wie ein Kinofilm-Trailer und ist von sehr hochauflösender Qualität. Doch z.B. der super Sänger und eigentliche Schnuckel Nathan Willett sieht mit neuerdings schulterlangen zurückgegelten Haaren etwas schmierig aus. Und die Handlung dieses Kurzfilmes kann nur wenig an der schicken minimaltragischen Oberfläche kratzen. Denn Kritik am Modelbusiness und am wild grassierenden Schönheitswahn ist nichts wirklich bahnbrechend Neues mehr. Das Ende ist auch eher unbefriedigend. Wie gut, dass ich beim Kauf des neuen Albums trotz günstigen Preises gestern zunächst gezögert habe…

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Lieblingssongs der 3. Woche (17. – 23.01.11)

24/01/2011

Lieblingssongs der 3. Woche

01 (NEU) Jamie Woon – Night Air
[KATEGORIEN: ELEKTRO / DUBSTEP / SOUL / R’N’B. Was für eine Stimme! Und dann noch eingebettet in verführerische Downtempo-Sounds, die natürlich ausdrücken wollen: ja, du Hörer(in), verliebe dich ja in mich! Allerdings geht es in den Lyrics mehr um das momentane melancholische Gefühl in der Nacht. Oh, was für eine Stimme! Mindestens so gut wie seines Namensvetters mit Nachnamen Lidell.]

02 (10) Destroyer – Chinatown

03 (01) Anna Calvi – Moulinette

04 (NEU) The Walkmen – Stranded
[KATEGORIEN: INDEPENDENCE / US-ROCK / SURF ROCK. The Walkmen sind quasi die noch kauzigeren Artverwandten von Cold War Kids. Deswegen, weil es bei ihnen auch oft eher scheppernd und bluesig klingt, nie zu clean produziert, aber auch nicht zu unpoliert wie so manch eine Lo-Fi-Band. The Walkmen gehören auch zu der US-Neo-Indie-Rock-Ahnengalerie mit großer Anhängerschaft, sind aber letztes Jahr längst nicht so umjubelt worden wie z.B. Arcade Fire, Spoon oder The National. Sie gelten weiter als ausschließlich von den MusikkritikerInnen hochgehandelter Geheimtipp und das macht auch nichts. Vielleicht liegt es an der versoffenen Whiskey-Stimme von Gitarrist und Sänger Hamilton Leithauser, die einen nicht gerade wirklich einlullt wie bei Matt Berninger (The National), aber dafür wachhält.]

05 (NEU) James Blake – Limit to Your Love
[KATEGORIEN: ELECTRO / DUBSTEP / MINIMAL / SOUL. Der Musikexpress sagt, Jamie Blakes Musik klinge wie das fehlende Bindeglied zwischen The xx und Burial. Dieser James Blake wählte einen ähnlichen Ansatz wie Jamie Woon, auch wenn bei Blake eher das Elektronische im Vordergrund steht anstatt das Melodische und Stimmliche. Auch wenn sie so ähnlich mit Vornamen heißen: bitte nicht verwechseln! Denn sowohl Woon als auch Blake werden gerade von der britische Musikwelt hofiert, da sie beide britische Newcomer sind und spannende Musik machen. „Limit to Your Love“ ist übrigens eine Coverversion des grandiosen Liedes von (Leslie) Feist, allerdings heißt das Original von ihr „The Limit of Your Love“. Das Gute an diesem Song ist, dass James Blakes Cover nicht viel schlechter geworden ist, nur wird hier weniger gesungen. Doch wie auch Jamie Woon wie auch Feist hat James Blake eine wirklich gute Stimme!]

06 (NEU) Anna Calvi – Suzanne And I
[KATEGORIEN: INDEPENDENCE / POP / SINGER/SONGWRITER / DRAMA, BABY. Zwei weitere superbe Songs der schönen Britin mit italienischen Wurzeln finden sich in den TOP10 wieder, beide sind jedoch indie-rockiger als Platz 3 und erinnern weitaus stärker an PJ Harvey als an Shirley Bassey. „Suzanne and I“ ist opulent, schwelgerisch und doch lässig (wie ein guter Cold-War-Kids-Song), „Jezebel“, also die A-Seite der B-Seite „Moulinette“, klingt treibend, heiß und fordernd wie eine Flamenco-Tänzerin.]

07 (WE) Cold War Kids – Louder Than Ever
[KATEGORIEN: SEMI-INDEPENDENCE / ROCK / SOUL. Wiedereinstieg der vier Kalifornier aus Long Beach, die in den vorigen Zeilen schon zweimal nebenbei erwähnt wurden.]

08 (03) Sufjan Stevens – Djohariah

09 (NEU) Anna Calvi – Jezebel

10 (02) Sufjan Stevens – All Delighted People (Original Version)