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500 Wörter – 10.10.2012

10/10/2012

Die Geister, die sie riefen

 

 

Ich werde langsam alt, ohne dass ich mich wirklich erwachsen fühle. Ist das paradox?

 

 

In letzter Zeit haben sich meine bisherigen kleinen Erfolge wie die Zwischenprüfungen in meinen studierenden Hauptfächern oft ins Gedächtnis gerufen. Warum, womöglich? Aktuelle Mini-Erfolge sind Mangelware.

 

Weiterhin denke ich gerne an meine Schulzeit mit unerwartetem Abi-Erfolg zurück: ich war die ganzen letzten Jahre gefährdet, wäre beinahe sitzengeblieben. Abi-Tanz, -Fahrt, -Schulstreich, -Verabschiedung und -Feier waren nach dem Bestehen der Lohn.

 

 

Kann mich auch erinnern, dass wir eine Mitschülerin hatten, die bei den Post-Abiturprüfungs-Ritualen kaum noch dabei war. Sie galt in unserer Klassenstufe als eine Art Mobbing-Opfer. Direkt angepöbelt oder gar gehauen wurde sie zwar nie, doch über keine andere Mitschülerin wurde hinter ihren Rücken in dieser Prä-Cybermobbing-Ära so übereinstimmend schlechtgeredet wie über sie. Nostalgie im negativen Sinne.

 

 

In der Oberstufe (damals 12./13. Klasse, seit der G8-Schulreform 11./12.Klasse) fingen die Lästereien an. Hielt ich mich zwar raus, muss ich jedoch gestehen: ihr zuzuhören war eine Qual. Bei Smalltalks und längeren Zwiegesprächen redete sie wie ein Wasserfall, der Konversation förderliche Unterbrechungen seitens des Gesprächspartners und höfliche Gesprächsbeendigungen waren zudem kaum möglich.

 

Sie war an sich eine nette, wenn auch unauffällige Mitschülerin, nie Rebellin, Erfolgsschülerin oder Zicke. Doch sie war niemand, den man ins Herz hätte schließen können. Für all die Lästerattacken und fehlenden Bezugspersonen, von denen ich einer wegen der oberen Ursache nicht sein konnte, tat sie mir leid.

 

 

Absoluter Tiefpunkt: unser Oberstufen-Ordner. Für 80 von 81 Fast-Abiturient/innen waren die über die Oberstufen-Monate gesammelten und lustig oder wohlwollend gemeinten Anekdoten, Zitate oder sonstige Personenbeschreibungen eine schöne zu lesende Sache. Die hineingeschriebenen Nettigkeiten sollten später in unsere Abizeitung veröffentlicht werden.

 

Für jene Mitschülerin jedoch muss es jedoch grausam gewesen sein, die Notizen der anderen zu lesen. Innerhalb von fast zwei Seiten waren sämtliche Läster-Sticheleien unter ihrem Namen aufgelistet. Das ging zu weit. Und ich war übrigens unschuldig. Wenig später wurden bis auf zwei neutrale Bemerkungen alle hetzerischen Sätze (von ihr selbst, von anderen?) durchgestrichen. Recht so. Doch nie hatte sie sich über diese Pen-&-Paper-Demütigungen öffentlich beschwert.

 

Einzige Konsequenz war, dass sie sich dann endgültig vom Klassenstufenrest distanziert hatte. Ich schätze, niemand von uns hatte sie nach der Abiturienten-Verabschiedung, wo sie noch auftauchte,  jemals wiedergesehen. Social-Network-Profil? Ebenso Fehlanzeige.

 

 

Gestern sah ich im Foyer des Philosophischen Institutes der Uni Würzburg ein paar „Erstis“ (Student/innen im ersten Semester) neugierig herumwandern. Und…WTF?! Plötzlich hörte/sah ich jemanden, der gerade unweit von mir einen älteren Studenten über Online-Stundenpläne fragte. War sie dieselbe Frau wie unsere arme Mitschülerin von damals?

 

Komische Situation. Ich traute mich nicht, ihr direkt ins Gesicht zu schauen, geschweige denn, sie anzusprechen. Dabei wäre es ein Zeichen von Reife und Erwachsengeworden-Sein gewesen. Fühlte mich trotz damaliger Teil-Neutralität noch immer schuldig, doch tat ich nichts dagegen.

 

Dann sah ich ihre abschreckend knallrote Hose und hörte diese seltsame Stimme. Und dachte mir: lieber nicht, ich Feigling. Oder vielleicht war sie es gar nicht, sondern nur eine wildfremde Person, die ihr zufälligerweise ähnlich sah. Eines der Geister, die ich rief? Halluziniert man ab einer gewissen/hohen Semesteranzahl?

 

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500 Wörter – 01.05.2012

01/05/2012

Ödes Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium

 

 

Kleinstadtödnis Vol. 3. Kann mich nicht daran erinnern, dass der 1. Mai, Tag der Arbeit, in meinem Leben jemals erinnerungswürdig gewesen wäre.

 

 

Für mich ist das nur ein weiterer Feiertag, der einen an allen zum Opfer fallenden Tagen außer Sonntag am Einkaufen und so hindert, wie so oft in den Frühlingsmonaten. Ein Tag in Gedenken an die Arbeiterbewegung?  Ein fränkischer, schwäbischer, emsländischer und ostfriesischer Grund, um eine umkränzte überlange Holzstange zu feiern. Stichwort Maibaum. Schön und gut, die SPD und die Gewerkschaften lassen heute sicherlich die Korken knallen und es ist sehr wichtig, bis heute, die Rechte von Arbeitnehmer/innen zu stärken. Aber daraus gleich einen gesetzlichen Feiertag zu machen statt nur einen Gedenktag: hmpf. Zwar zum Teil kein freudiger Anlass zum Feiern, aber warum ist z.B. nicht auch der 8. Mai, erinnernd an das Ende des Zweiten Weltkrieges anno 1945, ein gesetzlicher Feiertag?

 

 

Schon schön, dass die Sonne scheint. Die ganze Zeit überlege ich, ob ich mir einen Ruck geben soll, um jetzt hinauszugehen, oder vielleicht später am Nachmittag. Ups, da bin ich nach all dem Hin- und Herüberlegen wohl doch auf dem Sofa eingepennt. Wie spät?

 

Es ist 16:00 Uhr. Es läuft eh nichts Spannendes im Fernsehen, nur lauter Wiederholungen und ältere Filme für die ganze Drecksfamilie. Aber hier kommt ein Lichtblick: 3sat. Zuvor war ich schon leicht an einem Live-Konzert der Rolling Stones hängen geblieben. Aber nun konzertiert Peter Gabriel. Kaufen könnte man seine letztjährige Live-DVD New Blood eigentlich auch, aber da ich eh kein Fan von ihm bin… Andererseits, wow, die Orchestrierung zu seinen alten und etwas neueren Songs ist schon sehr gelungen, wunderschöne Pop-Avantgarde!

 

 

Oh, nein, meine spleenige Mutter kommt, warum auch immer. Jetzt solltest du spätestens abgehauen sein, raus in die Freiheit. Ich ziehe strapazierfähige Klamotten an wie eine Badehose und lasse Gesicht wie Haare und Gesicht ungewaschen/ungegelt/ungecremt. Nehme meine Tasche, Kamera und dazu auch das reparierte Rennrad. Wohin? Nach Wertheim. Ganz alleine.

 

Öde Schulerinnerungen

 

Zeit für ein bisschen Nostalgie. Ich fahre den mittelmäßig steilen Schulweg zu meinem alten Gymnasium hoch und merke oben, über wie wenig Kondition ich verfüge. Und merke, dass sich hier oben so wenig verändert hat seit meinem Abitur, während ich heftig nach Luft schnappe.

 

Öder Nahkauf

 

Rase den Berg wieder herunter und halte an gewissen Plätzen, die früher, auch werktags, mit mehr Leben gefüllt waren. Was früher die Leberkäs-Brötchen-Zentrale REWE war, ist nun zum Teil der Nahkauf geworden, teils auch ein Russen-Laden. Das leerstehende schaufensterreiche Haus waren mal Die Tafeln.

 

Ödes leeres Geschäftshaus

 

Und wo einst ein Quelle-Katalogs-Outlet-Warencenter beheimatet war und noch früher das tolle Mainkaufhaus (Nähartikel, Briefmarken, Süßigkeiten, Spießerklamotten), ist nun ein großer Hauch von nichts.

 

Ödes Ex-Mainkaufhaus

 

Um 20:00 Uhr begebe ich mich wieder nach Kreuzwertheim. Ans Mainufer. Eine weiß gestrichene Bank um viel Gras lädt mich zum Draufliegen ein und ich schaue gen Himmel, wo schwarze Punkte die Schäfchenwolken umkreisen. Irgendwelche Fliegen oder gewässernahe Mücken sind das. Lese im mobilen Web Zeugs, mache wieder Fotos/Videos und denke mir: warum bin ich immer so alleine? Und: warum tut mein Hintern so weh nach den paar Stunden Rennradfahren?

 

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500 Wörter – 25.01.2012

25/01/2012

Voll-de-Mort

 

Heute schreibe ich über die dritte von sieben Todsünden: Völlerei. Und der tugendhafte Gegensatz dazu ist die Mäßigung.

 

 

Dass das Maß in Sachen Essen und alkoholisches Trinken oft nicht voll bei mir ist, ist eines von vielen Problemen, mit denen ich mich seit der Pubertät herumschlagen muss. Ich bin nie richtig fett gewesen, aber eine klar erkennbare kreisförmige Wölbung unterhalb des Brustkorbs hatte ich schon immer. Hat in der 5.Klasse angefangen.

 

Das kann ich deshalb so gut zeitlich datieren, da mir bei den vier Reisen nach Laos, dem Herkunftsland meiner Eltern, der Jojo-Effekt so richtig aufgefallen ist. Nach dem ersten Trip (1995) wog ich mehr als vor der Reise. Vor der zweiten Reise (1996) wog ich mehr und nahm hingegen danach wieder ab. Ich nahm nach der dritten Reise (1997) wieder zu, wohingegen die Kilos nach dem vierten und letzten Laos-Urlaub (Frühling 1998 – während der Schulzeit!) wieder purzelten. Erkennt ihr darin eine Art Phänomen/System? Zugenommen, abgenommen, zugenommen, abgenommen. Nach den vier Jahren Grundschule kam ich ins Gymnasium und von da an nahmen die sehr guten Noten ab(siehe gestrigen Blogeintrag), jedoch die Pfunde zu.

 

 

Ich wuchs zwar danach noch ein paar Zentimeter, doch ab 168 hörte das Wachsen irgendwann auf. Aber kilomäßig blieb ich seitdem immer über 68. Ich schämte mich einmal so sehr, dass ich in der 6.Klasse (1999/2000) nicht nur mit meinem Stimmbruch zu kämpfen hatte, sondern auch mit der Angst, meinen Bauch zu zeigen. Tiefpunkt war der Sommer 2000, als ich an allen heißen Schultagen nie meine Sweatshirts auszog, man mich demnach nie mit T-Shirt sah, außer im Sportunterricht.

 

Später fiel mir auf, dass mein Körper nicht nur wegen, sondern auch trotz seltener Erfolglos-Diäten einen Jojo-Effekt besitzt. Zwischen wenigen Tagen können mehrere Kilos liegen. Ich weiß nicht, woran das liegt, entweder an einem überproduktiven Stoffwechsel oder an einer ungesunden Ernährung. Und nein, an Bulimie leide ich nicht.

 

 

Ich liebe einfach zu sehr das Essen, auch wenn Fleisch- und Fischhaltiges nicht dazugehört. Schon durch diese Einschränkung kann ich nicht auch noch auf Kohlenhydrate verzichten. Alkohol macht leider auch dick, aber glücklicherweise komme ich nicht jeden Tag dazu. Für viel Sport habe ich nicht genug Ehrgeiz, auch nicht für kurzfristige Diäten.

 

Was bleibt, ist die Mäßigung von Essen. Vielleicht sollte ich doch noch einmal FdH (Friss die Hälfte) ausprobieren. Allerdings lasse ich ungern Essen auf dem Teller liegen, was sollen die Kinder in Laos nur von mir denken?

 

 

Schnell noch meine Lieblingsspeisen…

Vorspeise: gefüllte Weinblätter, eingelegte getrocknete Tomaten, Tomaten-Mozzarella-Salat mit Honig-Balsamico-Dressing, Maultaschen, Obazda und Brot, Cremesuppen mit Mais, Spinat oder Kürbis, Gemüsequiche, Eiersalat, körniger Frischkäse, gegrillte Parmesan-Auberginen (mein Favorit!) und Champignons.

Hauptspeise: Lasagne, Pizza mit Rucola und Ziegenkäse, Piroggen, Spaghetti in Limonensauce, gekochte und danach gebratene Eier in dickflüssiger Sojasauce und Klebreis, überbackener Camembert mit Preiselbeeren, gute Gemüsepfanne, gegrillte Champignons, Falafel im Dönerbrot, Gemüseschnitzel, Bulgur/Couscous, Veggie-Sushi.

Nachspeise: rote Grütze, Grießbrei, Quark mit Sauerkirschen, Crêpes Suzette, Schokokuchen mit warmem Schokopudding, Milchreis, Walnusseis, Erdnussbutter-Cookies, Waffeln mit Puderzucker, Melonen-Sorbet, McDonalds-Apfeltasche, Armer Ritter, Windbeutel, Sachen mit Dolce de Leche, Bayerisch Creme, Käsekuchen.

 

Voll. Toll!

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500 Wörter – 01.09.2011

01/09/2011

My-my-my Generation

Wir waren gestern beim Thema „Generation“ im Allgemeinen und „meine Generation“, die der Generation Y, im Speziellen. Doch was macht nun – sehr verallgemeinert – meine Sub-Generation, die 21 bis 26-Jährigen, aus, welche sich von den jüngeren (unter 21) und älteren (über 26) in wenigen Dingen durchaus unterscheidet?

Viele der Älteren meiner Generation hatten meist das Glück, noch keine Studiengebühren zahlen zu müssen. Okay, das ist natürlich regional höchst unterschiedlich gehandhabt worden, aber finanziell hatten sie es insgesamt leichter gehabt als wir.

Sie bekamen den Mauerfall und die Wiedervereinigung noch eher mit als die anderen, schon eher nahmen wir von dem Wechsel der Hauptstadt von Bonn nach Berlin mit. Auch der Regierungswechsel von Schwarz-Gelb zu Rot-Grün war viel gegenwärtiger für uns, als es bei den jüngeren sein mag. Eher 9/11.

Vor allem (pop-)kulturell und medial ist die zweite Hälfte der 90er-Jahre eher in unseren Erinnerungen verankert als erstere. Daily Soaps waren noch groß, Ally McBeal und Sex and the City irgendwie omnipräsent. Die deutschen Privatsender wurden qualitativ gar nicht mal so schlecht, konnten mit „RTL Samstag Nacht“ auftrumpfen und mit Quizshows und Teamshows wie Traumhochzeit oder Die 100.000 Mark Show Spannung erzeugen. Bis dann 9Live erschien.

Ich bin aber auch mit Kinderkram wie die Nachmittagsspanne auf RTL II oder auf Super RTL aufgewachsen. Die Klassiker-Cartoons von Disney waren fast zeitlos, Bugs Bunny und Tom und Jerry waren sehr zentral für unsere Entwicklung, die Peanuts hingegen liefen zu meiner Zeit leider nur noch selten. Im Gegensatz zu Pokémon, Mila Superstar, Kickers.

Wir schrieben in der Schule noch mit Lamy-Füllern, erst die aus Holz, dann die schickeren aus Plastik und Metall. Und ärgerten uns über ausgelaufenen Tintenpatronen. Das kriegten nicht einmal die Tintenkiller weg. Erst Scout, dann 4You, dann Eastpak musste auf unseren Schulranzen/-taschen stehen.

Leider habe ich Britpop nur so am Rande mitbekommen, dafür aber so richtig Britney. Top of the Pops war noch da, Arte Tracks aber auch schon, MTV Spin bald schon nicht mehr.

Die Jüngeren, zumindest der männliche Anteil davon, haben das Glück, nicht mehr zur Musterung erscheinen zu müssen. Die Wehrpflicht ist abgeschafft, der Zivildienst auch. Wer will, der kann sich in militärische oder soziale Hierarchien einreihen, muss es aber nicht.

Die Mädchen standen auf die Backstreet Boys, auf Aaron Carter, auf den kleinen Schlagzeuger der Kelly Family. Heute sind/waren es eher Bill von Tokio Hotel, US5 und Justin Bieber. Statt Zac Efron und Robert Pattinson hieß der Mädchenschwarme schlechthin Leonardo DiCaprio. Dafür war Heidi Klum noch nicht so nervig wie heute.

DSL ist heutzutage selbstverständlich, aber damals waren 56k-Modems und dann ISDN nur da. Gechattet wurde damals noch in richtigen Chatrooms statt über Facebook, meist privat zu zweit. Man muss sich nicht mehr mit Tamagotchis herumschlagen, sondern nun mit den Haustieren aus Petville.

Schwieriger ist nur das Managen von richtiger Zeit in einem Schülerleben mit hohem Leistungsdruck, vielen Hausaufgaben, ehrgeizigen Nebenaktivitäten (Sport, Klavierunterricht), erwartungsvollen Freunden und den ersten Partnern. Wo bleibt da noch die Freizeit für einen selbst? Au Backe, ich denke, wir hatten es damals einfacher gehabt.

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500 Wörter – 20.05.2011

20/05/2011

500 Wörter

Ich hoffe, man wird mich nach dem Lesen dieses Posts nicht für verrückt oder neurotisch halten, doch ich muss gestehen: ich beobachte gerne fremde Leute. Das würde übrigens meine Begeisterung für Fotografie erklären. Lebenswanderung mit wachen Augen.

Die Beobachtung mir unbekannter Menschen aus unterschiedlichen Gründen fing bereits in der Gymnasialzeit an. Ich war nicht wirklich ein supergeselliges/-selbstbewusstes Kind und hatte nicht immer Schulkollegen und Freunde um mich herum. Da wird man zwar nicht automatisch zum Außenseiter, aber durchaus zu einem Menschen, der die Welt eher von einer Außenperspektive erspäht. Der oberste Grundsatz ist, es den betrachteten Personen nicht anmerken zu lassen, ja keinen Blickkontakt herzustellen, schon gar nicht absichtlich. Klappte nicht immer. Ort des subtilen Gaffens: Pausenhof oder meistens der Aufenthaltsraum mit Cafeteria. Dort sah man nicht nur Jungs, die man süß und/oder sexy fand. Oder hassenswerte Mädchen, die sich um jene Jungs scharten, anschmusend und abknutschtend. Auch generell interessant Menschen, die positiv wie negativ auffallen. Zum Beispiel zwei nicht von Schönheit gesegneten Freundinnen, die gerade durch ihre sehr buschigen Augenbrauen quasi ins Auge stachen. Es gab allerdings auch Boys, die ich nicht nur heimlich beobachten konnte, sondern auch erfolgreich kennenlernen durfte. Ich stand einst sehr auf Bene, der nicht nur wunderschöne dunkelbraune Augen und Mittellanghaare hatte, sondern auch eine wahnsinnig einnehmende Aura der Coolness. Den lernte ich dann auf seiner Abi-Feier durch einen Stufenkollegen kennen. Allerdings beschränkte sich das bisher auf einen durchaus sympathischen Smalltalk und eine Facebook-Freundschaft. In „echt“ und mit kürzeren Haaren verblasst seine Coolness.

Die kurzweiligen Voyeurismen setzten sich dann auf Busfahrten, Straßenbahnstrecken-Zurücklegungen und öffentlichen Partys fort. Letztere in dörflichen Mehrzweckhallen oder in festen Clubs in Städten wie Würzburg. Shakende Tanzflächen-Hotties,  betrunkene Partygirls oder fremde Unsympathen, die sich als Läster-Zielscheiben in Diskussionen mit einem Gesprächspartner oder mehreren eigneten, waren und sind beliebt als Beobachtungsobjekte.

Mit 20 Jahren eröffneten sich – neben den grandiosen Teilzeit-Stalker-Hilfsmitteln StudiVZ und Facebook – die Reize der Universität. Eine perfekte Spielwiese für Hobby-Voyeuristen wie mich. Leute im selben Kurs werden bei Langeweile „erforscht“. Oder speisende Studis neben einem benachbarten Tisch in der Cafeteria oder Mensa. Menschen, die außerhalb von Seminarräumen in Foyers oder in der Bib an einem vorbeilaufen oder außerhalb des Uni-Gebäudes rauchen, im Sommer auf der Wiese herumliegen. Auch hier konnte ich durch Zufall oder taktisches cleveres Ansprechen so manche Social-Network-Freundschaft oder mehr erlangen. Nicht falsch verstehen: ich habe auch Freunde, echte Freunde wie Facebook-Freunde. Aber letztere sammele ich nicht wie Briefmarken. Doch da gibt es halt Typen wie z.B. Scruffy-Beard-Chris, den ich ich seit einigen Semestern vom Sehen her kenne. Er besitzt eine fast umhauende Ausstrahlung, die durch himmelblaue Augen zu mittelbraunen Haaren und einen wunderschön verwahrlosten 1-Monats-Bart (deshalb „scruffy beard“) verstärkt wird. Bewundernswert. Durch SchmAdrians locker-flockigen Kumpel J.P. lernte ich den erst unnahbaren Scruffy-Beard-Chris kennen, durfte sogar neben ihm in einer Vorlesungssitzung Platz nehmen, da ebendiese zwei Verlinkungs-Menschen nicht anwesend waren. Wir verstehen uns ganz gut. Und, nein, bin kein Stalker und erhoffe mir nichts Unerreichbares bei der knuffigen Hete. Aber, eine harmlose Facebook-Freundschaft? Ein guter Anfang womöglich.

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Karo aka Wolta in Kreuzwertheim 2010 – Teil 2

07/01/2011

Immer noch der 27. Dezember 2010, Montag. Mein Vater holte Karo aka Wolta und mich dann vom Busbahnhof in Wertheim (der Würzburg-Wertheim-Bus fährt ja leider nicht durch Kreuzwertheim) ab und er freute sich sehr darüber, dass er sie wiedersah. Mein Vater ist sehr höflich, enthusiastisch und zuvorkommend bei Gästen. Nett von ihm auch, dass er mein Doppelbett neu bezogen hatte.

Weniger nett war, dass meine Mutter (geschieden von meinem Vater, wohnend in der benachbarten Ex-Wohnung von meinem Vater und mir) abends noch ankam und wollte, dass ich sie einkaufen fahre. Eingeweiht war ich über ihre abendlichen Pläne zwar schon, fand es aber aufgrund von Karos Gastdasein etwas unverschämt, dass sie mich dafür noch einspannen wollte und dazu noch gestresst wirkte. Sie machte auf Karo einen abweisenden Eindruck, vielleicht weil sie sie in dem Moment lästig fand. Karo kam dann mit, weil sie noch ein paar Sachen brauchte und ich natürlich auch.

Und dann waren wir wieder in Wertheim und endlich konnte Karo mal miterleben, wie es ist, wegen meiner Mutter und ihren Einkaufs-Tics zu leiden. Denn diese hatte ich ihr bisher nur erzählt, aber live dabei war sie erst an diesem Montag. Karo wunderte sich – nicht zu Unrecht – über die zwei Taschentücher-Pakete und die ebenso vielen Küchenrollen-Packs. Kommt zum Glück nicht bei jedem Einkauf vor, war ja auch Weihnachten. Schlimmer sind die vielen Kisten Medium-Wasser, die sie zweimal pro Woche immer nachkaufen muss, nicht nur nach X-Mas. Mindestens drei pro Einkauf und sie rechtfertigt das immer damit, dass Papa und ich auch immer genug vorrätig haben sollten. Was für eine Säuferin! Am schlimmsten: mehrere Flaschen Shampoo und Haarspülung und Duschgel. Jedes Mal! Und die Marken, die sie benötigt, brauche ich bestimmt nicht. Und, Ich meine, wer braucht schon so eine große Menge Haarwaschzeugs? Meine Mutter halt, wahrscheinlich wäscht sie sich drei Mal täglich die Haare und verbringt Stunden im Bad. Oder sie schickt ganze Pakete an unsere Verwandte, die in der ganzen Welt verstreut leben. Und ein bestimmtes Einpacksystem hat sie natürlich auch immer. Da darf man ihr während der Einpackrituale vor dem Kofferraum gar nicht in die Quere kommen, dann wird sie sonst patzig und blafft einen an, wenn man es wagt, irgendetwas von ihren Einkäufen falsch in ihre Einkaufstüte hineinzulegen. Schneidet auch in Plastik verschweißtes mariniertes Fleisch auf und stopft dieses in mittelgroße Plastiktütchen, die man sonst für Obst und Gemüse in jener Abteilung kostenlos abreißen kann. Was für eine Ressourcenverschwendung!

Aber ich schweife ab. Karo und ich waren umkomplizierter, was das anging. Sie kaufte Ingwer und Zitronen für die bekannten Erkältungs-Heißgetränke. Und irgendwas für ihre Selbstgedrehten. Und ich wollte Quark, Jogurt und Honig für unseren Frühstück.

Nach dem Einkauf und dem Abladen der Sachen fuhr ich Karo nach Wertheim-Eichel ins Miller’s. Denn an jenem Abend war in dieser American-Style-Bar Klassentreffen. Bot sich natürlich so nach Weihnachten an, da noch fast alle bei ihren Eltern zuhause waren. Sie war natürlich einverstanden mitzukommen, auch wenn wir beide ein gespaltenes Verhältnis zur Klassenstufe haben. Ich habe noch sehr unangenehme Erinnerungen an das allererste Klassentreffen im Jahre 2008, ein Jahr nach dem Abi. Da hatte Karo erstaunlich viel Spaß dort, ich hingegen fühlte mich ausgegrenzt, was ich während der Schulzeit eigentlich nie so komplett war. Mit diesen schlimmsten Befürchtungen komme ich seitdem jedes Mal zu Klassentreffen und schon beim Grill-Treffen im Sommer 2010 verhielt es sich ganz anders und hatte trotz Alkohol-Mangels wegen Auto richtig Spaß gehabt.

Wir kamen aufgrund der Busfahrt und des lästigen Einkaufs eher spät am reservierten Tisch an. War aber nicht schlimm, weil um kurz vor 10 noch die meisten der wenigen gekommenen Co-Abi-Leuten noch anwesend waren, nur drei unserer Ex-SchulkollegInnen verließen vor uns den Tisch. Schade, dass viele andere sehr prominente Leute gar nicht erschienen waren. Das hatte Auswirkungen auf das Gesamtverhältnis. Schon bei der Ankunft von uns war klar, dass die rechte Seite des Tisches den ganzen Abend gemieden wird. Dort saßen Leute, mit denen wir während der Schulzeit entweder kaum etwas zu tun hatten oder nach der Schulzeit einfach gar nicht mehr wollten. Leute, die noch uncooler sind als wir zwei es schon immer waren. Das mit der höflichen Gleichgültigkeit beruhte wohl auf Gegenseitigkeit. Auf der linken Seite hingegen unterhielt ich mich mit drei Leuten sehr ausgiebig, mit fünf eher so halber und dies machte auf die Weise Spaß. Unter anderem erhielt ich spannende Fakten aus dem Leben von Ena, die eigentlich mit mir Englisch in Würzburg studiert, aber zurzeit in England ihre Auslandssemester durchlebt. Wirklch sehr interessant, das Leben in Exeter.

Ich fuhr dann so gegen 12 wieder und nahm neben Karo auch Babs mit, deren Eltern auch in Kreuzwertheim wohnen. Als wir daheim ankamen, blieben wir nicht mehr lange wach, machten uns bettfertig. Obwohl ich schon zweimal bei Karo in Frankfurt gepennt hatte, war es für mich extra spannend, wie das wohl sein würde, neben ihr einzuschlafen. Ganz problemlos eigentlich, für sie zumindest…