Ich denke, ich muss heute noch einmal über die 2011er-US-Neuerfilmung Verblendung (The Girl with the Dragon Tattoo) mit Daniel Craig und Rooney Mara schreiben. Zwei Aspekte dieses Films habe ich gestern unterschlagen: erstens den Soundtrack von Trent Reznor und Atticus Ross, zweitens, dass ich von Regisseur David Fincher natürlich auch Fight Club, und nicht nur The Social Network, gesehen habe.
Fight Club vs. Verblendung/The Girl with the Dragon Tattoo
Ich war Ende des Jahres 1999 erst 12, als der FSK18-Film Fight Club in die deutschen Kinos kam. Ein erfolgreiches Jahr für semi-anspruchsvolle Kinofilme wie Matrix und The Sixth Sense war das. Fight Club hingegen sah ich erst Jahre später auf DVD – Audiokommentar ist sehr empfehlenswert – und fand ihn auf Anhieb geil. Die Handlung, die Bild-Ästhetik Finchers, das an- und ausgezogene Gesamterscheinungsbild von Tyler Durden (Brad Pitt), überhaupt die düster schwelende Homoerotik: top! Und die Rollen von Helena Bonham Carter und Meat Loaf sind sowieso Kult.
Fight Club ist von allen drei gesehenen Filmen David Finchers mein Lieblingsmovie und sicherlich auch Favorit der meisten Fans und vieler Kritiker. Obwohl ich auf Anspruch in Filmen stehe, ist mir körperlich sichtbare Spannung (wie in FC) ausnahmsweise doch lieber als psychologische (TSC) oder detektivische (Verblendung). Wobei man Fight Club auf keinen Fall auf die Actionszenen herunterbrechen darf, sein mitreißender Schwarzhumor und seine perfide Gesellschaftskritik sind nicht zu unterschätzen.
Wo die Bildsprache bei Verblendung eher unterkühlt und olivgrün-schwarz-weiß ist, kommt Fight Club heißblütig, rot-braun und dreckig-zynisch herüber. Außerdem basiert er direkt auf einer Buchvorlage (von Chuck Palahniuk), anstatt auf einem Originalfilm einer Buchvorlage zu basieren (Stieg Larsson). Ebenso fällt es schwieriger, mit den Figuren in Verblendung zu leiden als bei Fight Club: gut statt brilliant gemacht.
O.S.T.
Die experimentell-elektronische Filmmusik von Trent Reznor und Atticus Ross, die an das Debütalbum von Nicolas Jaar (Space Is Only Noise) erinnert, ist auch passabel. Wobei: das Schaben und Dröhnen der Dark-Ambient und Post-Industrial-Musik ist manchmal zu viel des Guten. Erstaunlich, dass der gesamte Soundtrack mit mehr als 173 Minuten (!) länger als der Film (158 Minuten) geht. Ich habe mir heute Nachmittag diese fast drei Stunden (in Tonträgerform in drei CDs aufgeteilt) angehört, und bin zu dem Schluss gekommen, dass Reznor und Ross letztes Jahr ihre Academy Awards verdientermaßen erhalten haben, hier den nächsten soliden Kompositionsbeitrag abgeliefert haben, aber nicht nochmal belohnt werden müssen. Immerhin: in das sehr ernste Thriller-Drama Verblendung passt das atmosphärische Grollen zu besonders spannenden Filmszenen eher als zum Facebook-Dialogfilm.
Ich denke, ich werde mir den Film in Zukunft nicht mehr so oft anschauen, höchstens dann einmal im Originalton, um zu sehen, wie Briten und Amis schwedische Figuren verkörpern. Und um mich tatsächlich zu vergewissern, dass ich mich nicht geirrt hatte, darin wirklich einen Penis gesehen zu haben.
Um eine Brücke von Verblendung aus zu schlagen: Christopher Plummer (…Doctor Parnassus) und Goran Višnjić (Emergency Room) spielen nicht nur beide darin mit, sondern auch in der Tragikomödie Beginners, die ich zufälligerweise nur einen Tag nach dem Kinobesuch, gestern, geschaut habe. Wie Beginners war, erzähle ich morgen.