Archive for the ‘stil oder eitelkeit?’ Category

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500 Wörter – 20.07.2012

20/07/2012

 

 

 

 

Typische Frage in Gesprächen mit neuen Leuten: woher kommst du? – Ähm, aus Wertheim, und du? – Nein, ich meinte, wo du ursprünglich herkommst. – Ach so, aus Laos kommen meine Eltern, bin aber hier geboren.

 

 

Wenn die Leute aber tatsächlich zuerst wissen wollten, woher ich in Sachen Heimat stamme, und sie den Ortsnamen Wertheim hören, schaltet sich gleich die Assoziation ein: „Ah, Wertheim Village!“

 

Ja, Leute, genau, ich wohne im Wertheim Village, in diesem Factory-Outlet-Center (FOC) zwischen dem BOSS-Laden und der Calvin-Klein-Underwear-Filiale.  Die falsch gestellten Fragen und Reaktionen nerven zwar ein wenig, doch nehme ich es ihnen allgemein nicht so sehr übel.

 

Seit Mitte der Nullerjahre existiert das Einkaufsparadies für gut betuchte Sparfüchse, Touristen und Mittelschichts-Angehörige auf dem sogenannten Almosenberg, und hat die Burg Wertheim zumindest kommerziell als Wahrzeichen abgelöst. Die meisten Nichtkenner wissen gar nicht, dass das künstliche Dorf ca. 10km von der Stadt selber entfernt ist.

 

 

Zuerst musste ich vor Erfüllung des Vorhabens, nach Würzburg zu fahren, mehrere Sachen erleiden, die typisch sind in der Provinz. Mehrere Autos vor mir fuhren hinter LKWs, die wiederum einem beschissenen Traktor hinterherfuhren. Und als das dringende Tanken an der ESSO nicht klappte wegen weiteren Auto-Schlangen, zog es mich zu einer freien Tankstelle in Wertheim-Bettingen. Doch auch dort wurde ich gepiesackt, nämlich von einer lahmen, gebrechlichen Greisin vor mir an der Zapfsäule.

 

Nach all dem Trubel wollte ich mich erst einmal, naja, ausruhen. So fuhr ich zum Wertheim Village, welches keine zwei Kilometer entfernt ist. Dort war ich seit fast zwei Jahren nicht mehr! Der Plan war, Ex-Kommilitone und Ex-Student TBB-Ball-Tobibei der Arbeit im Levi’s-Store zu besuchen, ohne etwas Bestimmtes zu kaufen. Als er mich sah, freute er sich riesig.

 

Er erzählte lauter Anekdoten von der Arbeit, fragte mich anschließend, was ich denn so für Sachen gut fände und welche Jeansgröße ich besäße. Sogleich drehte er mir drei Hosen an, von denen eine Jeans trotz Slim-Schnitt gut saß, farblich bloß okay war. Bei einer grauen Jeans musste ich die Luft anhalten, gefiel mir optisch jedoch besser. In die dritte passten nicht mal meine Beine rein.

 

Aufgrund des mangelnden Einkaufsbudgets entschied ich mich für ein Oberteil. Von insgesamt sechs T-Shirts und zwei Polo-Shirts, die er mir zumeist empfahl, fand ich viele solala, weil sie beim Anziehen nicht saßen. Ein Shirt war aber fast perfekt = das beste Teil. Gekauft!

 

Levi’s ist tatsächlich der Laden mit dem besten Service trotz oder gerade wegen der geringen Unaufdringlichkeit der Verkäufer/innen. Außer man kennt einen von denen, haha! Dort finde ich aber immer etwas. Und dass ich den extrem humorvollen TBB-Ball-Tobi so wiedersehen konnte, war sicherlich stimulierend für meine Lachmuskeln.

 

 

Komisch, dass ich auf der Rückfahrt nach Hause beim Ortsanfang von Urphar einen schwarzen Coupé (Audi?) halten sah. Dahinter war eine ganze Schlange von Autos, vielleicht 15 bis 20. Ich sah nur den männlichen Fahrer ein rotes Ding auf die Wiese schmeißen, dann stieg er wieder ein und fuhr weiter. Als ich länger hinschaute, erkannte ich ein rotes Kissen in Herzform. Beziehungsstress? Fantasie, schreib mir eine Geschichte dazu!

 

 

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500 Wörter – 12.05.2012

12/05/2012

Ich sehe nicht immer so aufgebrezelt aus...

 

 

 

Ich kann mich noch an ein Treppen-Gespräch mit Herrn Leo erinnern. Ich sagte etwas wie: „Sag mal, glaubst du, dass wir uns am Ende unseres Studiums schicker kleiden werden? Er: „Kann schon sein, ja.“ Das war 2008.

 

 

Nun haben wir das Jahr 2012. Mittlerweile sind wir ziemlich fortgeschritten im Studium, haben beide Nebenjobs, können uns etwas mehr leisten. Er ist durchaus modebewusster geworden, gerade in langen Hosen. Aber einen bestimmten Kleidungsstil verfolgt er genauso wenig wie ich.

 

In der Uni laufen viele männliche Studenten herum, die einem spezifischen Stilraster folgen: Hipster/Skater, Preppy, eleganter Gentleman. Hiphopper, Metaller, Punker und Bootsschuh-Cordhosen-Steppjacken-Burschenschaftler. Ebenso gibt es zu jedem Kleidungs-Klischee entsprechende gemäßigte Versionen und, man glaubt es kaum in diesem eitler gewordenen Mikrokosmos, sogar Normalos.

 

 

In Sachen Gesicht/Haare war ich schon immer eitel. Doch seit kurzem geht das zum Teil auch auf Klamotten über. Seit meinem Nebenjob gebe ich etwas mehr Geld für Kleidung aus, gerade Basics. Grund: früher habe ich mich manchmal geschämt, gewisse Klamotten, vor allem Schuhe, bis zum Geht-nicht-mehr zu tragen. Meine 2008er-Chucks z.B. sind extrem löchrig, mittlerweile untragbar geworden.

 

Allerdings kaufe ich hauptsächlich in Billig-Läden wie H&M, C&A und New Yorker ein. H&M war lange Zeit mein einziger Kleidungsdealer, doch seit kurzem habe ich trotz vieler modeverbrecherischer Kleidungsartikel ein paar gute C&A-Artikel gefunden: beige Chinos, Desert-Boots, eine Sonnenbrille nach Art der zeitlosen Ray-Ban Wayfarers.

 

 

Ich wünschte, es gäbe in Würzburg einen Second-Hand-Shop mit günstigen Vintage-Klamotten, auch für Männer. Marken hingegen finde ich total unwichtig. ESPRIT-Logo? Igitt! Jedoch mache ich manchmal Ausnahmen. Die fast zehn Jahre alte hellblaue Jeansjacke von ENERGIE, die ich als eher armer Jugendlicher für damals 80/90 Euro kaufte, habe ich herausgekramt und liebe sie mehr als zuvor.

 

Eher neu: die hellbraune Leder-Umhängetasche von CONVERSE, die als heimliche superpraktische Laptop-Bag allerdings unverzichtbar geworden ist. Wer mich länger kennt, weiß, dass ich schon viele zu billige, verschleißfreundliche Rucksäcke herumgetragen habe.

 

Die Handetasche musse lebendig sein!!!

 

Ich muss dennoch zugeben, das ein weiterer Grund für das Taschen-Upgrade die Tatsache ist, dass ich meine Uni-Umwelt mit offeneren Augen wahrnehme. Insgesamt haben sich die Studenten klamottentechnisch stark verändert, gerade Studi-Jungs sind insgesamt hipper. Dieser Zustand hat mich unbewusst mehr beeinflusst, als ich zugeben mag. Dadurch passe ich mich auch etwas an, obwohl ich eigentlich auf meine Individualität schwöre und niemals aussehen möchte wie jeder andere.

 

 

Obgleich gerade viele jüngere Studenten sich optisch ähneln, gibt es ein paar studentische Veteranen, von denen ich manche kenne, die ich als persönliche Stilikonen ansehe. Das Tolle an ihnen ist, dass sie ihren eigenen Stil haben, nicht aussehen wie Stammkunden der Würzburger Superchic-Läden maingold, Zeitzeichen oder Stoffbar.

 

Ein gewisser Cornelius hat manchmal seine Dandy-Tage, in denen er zur Fischgräten-Anzughose und klassischen Brogue-Schuhen rote Socken trägt. Dabei ist er erst Mitte 20 und wirkt gar nicht stockkonservativ oder flamboyant. Oder es gibt einen Typen mit leichter Hiphop-/B-Ball-/Styler-Affinität, der nicht nur unfassbar hübsch, sondern seine mittlerweile dunkelblonden Haare sich schulterlang wachsen lässt. Sie sind etwas wirr, und doch wunderschön. Das färbt sogar an mir ab, denn ich war auch schon länger nicht mehr beim Frisör.

 

 

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500 Wörter – 22.04.2012

22/04/2012

Destroyer - Kaputt

 

 

 

 

Croaker Vol. 8 – Gedankenfetzen aus 140 Zeichen, die ich twittern oder auf Facebook posten könnte, aber nicht möchte. Jo, ich bin wieder da.

 

 

 

Liebe leute! seit diesem montag liiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiebe ich das regelmäßige #bloggen wieder!

 

Ich hatte fürwahr lange nicht mehr hier einen #blogeintrag geschrieben, was mehrere gründe hatte, u.a. fehlte einfach die nötige motivation.

 

 

Auch hatte ich weniger bloggenswerte ereignisse tagtäglich erlebt als in anderen monaten, in denen die vorlesungszeit reinfällt. ferien halt 

 

 

Ein dritter grund: meinem schönen #laptop ist etwas schlimmes passiert ist. dessen display ist „im arsch“, der wurde noch nicht repariert…

 

Grenzenlose dummheit & rücksichtslosigkeit meinerseits. Hatte am laptop im zug gearbeitet, musste aussteigen, doch meine in-ear-kopfhörer

 

…wollte ich nicht rausstecken, klemmte sie in den laptop, klappte diesen zu. dadurch drückten die kopfhörer in das display, innere brüche!

 

Als ich meinen laptop wieder aufklappte, entdeckte ich etwas abstraktes (s. bild!) auf dem bildschirm, aber nur wenige lesbare flächen, wtf?

 

Und da ich keinen #desktop-pc besitze, war ich ziemlich eingeschränkt im schreiben. Gelang auch nie in meine uni, um deren pc’s zu benutzen.

 

Entweder kaufe ich mir bald ein günstiges ersatz-netbook, benutze den laptop nur noch daheim mit angeschlossenem monitor oder ich blogge…

 

…nur noch von der #uni aus an den stationären rechnern. Immerhin muss ich ohne ständigen tipp-begleiter weniger kg mit mir herumschleppen.

 

 

Ansonsten liebe ich mein handy/#smartphone sony ericsson xperia mini (sony ericsson heißt telekommunikationsbezogen ab jetzt nur noch sony).

 

Hat aber seine macken. das #display ist halt „mini“, sodass sich damit nur auf komplizierte weise #500wörter täglich bewerkstelligen lassen.

 

Am nervigsten ist, dass die surf-flatrate von #fonic spinnt. wenn 9,95€ abgebucht wurden, warum geht nach 1 paar tagen doch nix mehr online?

 

 

Ansonsten sehe ich zunehmend aus wie einer jener männlichen fashionista-#abiturienten. denn gekauft wurden beige #chinopants & #desertboots.

 

 

Aber für beide musste ich nicht viel von meinem nebenjob-lohn ausgeben. es gibt ja mehr günstige klamottenläden als h&m. augen offen halten!

 

Aber diesen ach so schnittigen #mariogomez-haarschnitt, dieses halb-abrasierte, werde ich mir nie aneignen. #undercut, go fuck yourself!!!!!

 

& trotzdem bin ich im laufe dieses monats schnell, nun ja, pleite geworden. Kann mit geld nicht so gut umgehen, denke ich. Mann, mann, mann!

 

 

 

 

Und da mir gerade nichts einfällt, möchte ich mal, um die #500wörter zusammenzukriegen, noch ein paar #twithaikus zu diesem post adden, ok?!

 

bizarr ist die nächtliche welt / drückt sich schweifend aus in amorphen schwaden / wie schwelende augenbinden erkenntnisse verhindern #haiku

 

welch versuchende erscheinungen menschen sind / jeglicher geiz und liebreiz führen ins nichts / hier führet nur noch existenzialismus #haiku

 

machet mich frei von schuldnern / immerzu verengen diese den strohhalm meiner sorglosigkeit / fällend weilen ihre morschen axtschäfte #haiku

 

die nachbarschaft der güldenen einzelteile / der ganzen milchstraße versprechen mehr als möglich / vertiefen sie hoffnungen nur nicht #haiku

 

die abhängigkeit der bekannten vokale / erregen nur mittleres mitleid als altes ansehen / bedingen sinnliche symbiose der konsonanten #haiku

 

kennst du mich noch fotoalbum / wir durchlebten ehemals die abenteuer der ferne / heutzutage vergilbte und verwelkte unglückseligkeit #haiku

 

 

 

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500 Wörter – 24.02.2012

24/02/2012

And I want you to know, I am my Hair

 

 

Heute geht es einmal um Haare, bzw. um meine Haare.

 

 

Ich wünschte, meine Körpergröße wäre im Pubertätsalter genauso schnell übers Ziel hinausgeschossen wie mein Haarwuchs heutzutage noch. Sie wachsen wirklich sehr schnell nach. Manche Frauen würden mich beneiden, ich hingegen finde das eher nervig.

 

 

Als Kind fand ich Friseurbesuche, begleitet von meinem Vater, natürlich blöd. Quälend, wenn man für 20 Minuten vor einem Spiegel reglos da sitzen, manchmal die Augen schließen soll. Auch wenn ich kein ADHS hatte. Und dann sollte ich der Friseurin (es war damals NIE ein männlicher Friseur) noch als symbolische Geste ein 2-Mark-Stück geben.

 

Wenn ich mir damalige Fotos von mir als Achtjähriger anschaue, verfluche ich die damaligen Haaresvisitationen noch immer. Papa wollte mir eine „Kante“ schneiden lassen: über den Ohren Pilz-Form, darunter war bis auf 2cm alles wegrasiert.

 

Noch schlimmer waren die Versuche meines Vaters, mir die Haare daheim zu schneiden. Mein Vater kaufte sich dafür extra ein Haarschneider-Set mit Scheren, diesem einen angsteinflößenden Rasierer und dessen Aufsätzen. Wie ich diese Sonntage immer nervig fand…

 

 

Mit 15 entdeckte ich dann endlich das Haargel, oder generell Haarpflege-Produkte, für mich. Ich erkannte, dass mein Gesicht oft besser aussieht, wenn die Stirn freiliegt. Daraufhin hatte ich die wildesten Frisen. Standard-Rebellions-Frisuren wie Vokuhila oder Iro oder generell lange Haare kamen nicht für mich in Frage. Trotzdem übertrieb ich es manchmal arg.

 

Warum ich oft die Frisuren wechselte, lag nicht nur am bereits erwähnten schnellen Haarwachstum, sondern auch daran, dass ich einfach in meine Haare griff, ohne mir danach ansatzweise für die Zukunft zu merken, wie ich mir die nochmal zu stylen hatte. Und ich nahm meist ein starkes Haarstyle-Produkt, benetzte mein Haupt oft mit mehr als nötig. Denn wer dicke und glatte Haare hat, muss der Schwerkraft drastischer trotzen als so manch ein Mitteleuropäer.

 

 

Deshalb beneide ich bis heute die Haarpracht vieler anderer Jungs heutzutage. Bei Männern mit hellbraunen oder dunkelblonden Haaren zum Beispiel sieht ihr Styling oft so mühelos aus, gerade weil sie mehr Volumen haben oder wunderschöne Locken. Und brauchen scheinbar kaum chemische Hilfsmittel dafür.

 

Heute war ich wieder nicht mutig genug beim Friseur. Wollte sie eigentlich mal ganz kurz haben, weil sie bei der Arbeit praktischer wären. Aber nein. Keine Raspelkürze, nicht mal seitlich. Keine Retro-Erinnerung an meine Kanten-Zeit.

 

 

Wenn ich darüber so nachdenke, bin ich doch ganz stolz auf meine immerglatten Haare. Auch mir fallen beim Duschen oder Kämmen viele einzelne Haare aus. Trotzdem sind die Schläfenregion und der Kopfwirbel keine erodierten Landschaften, sondern sehen noch nach dichtesten Tropen aus. Und noch immer gleicht das Finden von Grauheit einer Nadelsuche im Haarhaufen. Mehr als 10? Ach was, wollen wir wetten?

 

Für meine Haare muss ich zudem kaum etwas machen. Außer regelmäßiger Schuppenshampoo-Wäschen brauchen sie keine aufwändigen Haarkuren. Wenn ich meine Haare ungegelt lasse, und sie eine Nacht lang unbewusst gegen das Kopfkissen gerieben werden, habe ich am nächsten Tag fast so ein tolles Volumen wie manche der mitteleuropäischen Alternativ-Jungs oder Metros. Außerdem: nicht jeder kann von sich behaupten, schwarze natürliche Haare zu besitzen. Ha! Haar!

 

 

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500 Wörter – 18.02.2012

18/02/2012

Dinomann und Burschenschaftler

 

Vom sehr zentral gelegenen Uni-Café aus kann man, wenn man im Erdgeschoss an den Fenstern sitzt, viele Würzburger Menschen beobachten. Passanten, die entweder alleine, als Duo oder Grüppchen vorbeilaufen. Leute, die auf die Straßenbahn an der Haltestelle warten oder einsteigen. Einzelne Individuen, die verabredet sind und draußen warten. Andere, die auf die Grünwerdung der roten Fußgängerampel warten und die Straße wechseln, manchmal rennend, manchmal gemütlich herumschlendernd. Und dazwischen allerlei haltende oder rasende Autos.

Aufgrund der Lage sind die Gebäude der Alten Universität und der Neuen Universität mit all den studierenden Juristen, Theologen und Wirtschaftswissenschaftlern nur unweit entfernt.

Dementsprechend wildern nicht wenige modisch überambitionierte Typen und Tussen herum (gut, diese würden den Klischees nach eher keine Religionswissenschaften studieren). Bonzenpower! Ebenso oft sieht man Studi-Jungs, die sich tatsächlich genauso kleiden wie ihre Väter. Burschenschafts-Style.  Es ist schon erstaunlich, wie konservativ ihr Kleidungsstil ist, der strengsten Dresscodes folgt:

–          Steppjacke – meist im Jägergrün, seltener in Ocker oder Schokobraun

–          V-Neck-Pullover – gerne sandfarben, Label im Brustbereich (oftmals Ralph Lauren)

–          darunter ein Nadelstreifen-Hemd, oft in den bayerischen Wappen-Farben

–          oftmals eine Cord-Hose in allen möglichen Farben, sogar in Wassermelonen-Rot

–          Bootsschuhe oder Slipper – mittelbraun, andere Farben sind fast alternativlos

–          Farbige 15-Euro-Socken – gerne rot, rosa oder grün, Hauptsache versteckt bunt

–          Haare in Wachs oder Pomade, nach hinten oder seitlich gegelt

–          Optional ist ein Karo-Schal, wenn möglich, in Burberry-Optik

Das ist ihre Alltagskleidung,  außer die Biedermänner gehen feierlich weg, dann sollten neben einem schwarzen Anzug die Schärpe und dieses seltsame Barrett nicht fehlen. Sie wollen alle so sein wie die anderen, aber nie wie alle.

Diese Burschenschaftler sind so leicht zu durchschauen, nicht nur durch gewisse Narben im Gesicht, wenn sie bei einer schlagenden Verbindung sind. Außerdem studieren vielen von ihnen Deutsch und Geschichte, evtl. zusätzlich oder stattdessen auch Politikwissenschaft. Es ist auch wenig verwunderlich, dass sie alle bei der Bundeswehr waren, denn Zivildienst ist ja ach so unpatriotisch. Werte sind wichtig, aber Wertkonservatismus ist manchmal eklig. Ich halte nichts von Vitamin B.

Nun habe ich aber vorhin einen Burschenschaften-Stilisten gesehen, der zum Teil aus dem Kleidungsschema förmlich herausfiel. Er trug zusätzlich zu den aufgezählten Kleidungsmerkmalen einen Rucksack, der zwar im Camouflage-Muster war, welcher aber ein paar draufgebügelte oder angenähte Applikationen hatte. Ich konnte vom Weiten nicht erkennen, was drauf stand, aber eins war sicher: selten habe ich solch einen ranzigen Ranzen gesehen.

Es war nicht einmal eine dieser olivgrünen Dinger oder diese Camouflage-Bundeswehr-Wäschesäcke. Das Teil sah selbst für Punks billig aus. Doch solch einen seltsamen Rucksack zu einer spießigen Steppjacke zu kombinieren, das erfordert durchaus Eier. Die hatte er wohl. Sicherlich nicht nur in jenem Rücken-Sack.

Ebenfalls mutig, aber im eher unfreiwilligen Sinne ist ‚Dinomann‘. Hab ich ebenso an der Fußgängerampel gesehen. Würzburg hat eine Handvoll schräger Vögel, aber er gehört definitiv zu den bekanntesten. Der vermutlich 40-jährige ‚Dinomann‘ hat nicht viele Accessoires bei sich, aber, wie der Name schon sagt, hat er immer einen Spielzeug-Dinosaurier aus seiner berstenden Sammlung in der Hand, über den er stundenlang erzählen könnte. Kinder, liebe Kinder…

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500 Wörter – 28.01.2012

28/01/2012

Leckerlecker

 

Die sechste Todsünde und die entsprechende Himmlische Tugend lauten Habgier, bzw. Geiz und Mildtätigkeit.

 

 

Ich weiß nicht wirklich, ob die ach so synonymen Untugenden Geiz und Habsucht, die zu einer zusammengefasst sind, wirklich identisch sind. Da beide negativen Charaktereigenschaften ihre Wurzeln in Egoismus und Gefühlslosigkeit haben, wäre der Gegensatz Selbstliebe vs. Nächstenliebe sowieso eindeutiger gewesen. Aber des Tugenderschaffers Wege sind unergründlich.

Was ich damit meine, dass Habgier und Geiz zwei Paar Winterschuhe sind? Habgier oder Gewinnsucht ist, wenn man sich einer Sache bedient oder bedienen will, welche man (wahrscheinlich noch) nicht besitzt. Geiz oder Knauserigkeit bezieht sich eher auf das, was man bereits besitzt, aber nicht hergibt oder teilen will. Ein Geben und Nichtnehmen ist das also.

 

 

Habsucht ist eng verwandt mit Neid, der am Montag bereits besprochenen Todsünde, wobei letzteres eher etwas Introvertiertes ist und einen selbst mit Aussichtslosigkeit des Erwerbs bestraft. Bei Habgier hingegen besteht Hoffnung, ein gewisses Ziel zu erlangen. Ich bin eher neidisch als habgierig. Ich stehe z.B. lieber in der Straßenbahn, als dass ich einer älteren Frau den Einzelsitz wegnehme.

 

Und dann gibt es zweierlei Arten von Geiz. Einerseits kann man knauserig sein mit Geld, in Sachen Ausgaben, d.h. Geiz zum eigenen Wohle. Andererseits kann man zum Wohle des/der Anderen geizig sein, was  eine Verknappung der eigenen Hilfsbereitschaft angeht. Obwohl ich Einzelkind bin, kann ich durchaus teilen, es ist nur so, dass mir nicht immer bewusst ist, wann ich etwas abgeben sollte.

 

Für sich selbst zu entscheiden, sparsam zu leben, ist nichts Schlechtes. Natürlich kommt es auf den Kontext an. Wenn man finanziell wenig zur Verfügung hat, haben geringere Ausgaben nichts Geiziges an sich. In mancher Hinsicht bin ich regelrecht ein Schotte oder Schwabe. Ich kann mir durch meinen Nebenjob endlich etwas mehr Sachen kaufen, dennoch kann ich dadurch natürlich nicht so viel verdienen, dass ich mir z.B. teure Lacoste-Sneakers leisten könnte, ohne auch an andere zu kaufende Dinge zu denken.

Wenn auch der Komfort, zugunsten meiner manchmal schmerzenden Füße, statt nur die Qualität der Materialien, den Preis rechtfertigen würde, wäre das eine Kaufüberlegung wert. Aber lieber H&M-Sneakers, auch wenn sie vergleichsweise nicht lange halten. Habe mir am Dienstag sogar halbwegs modische Sneakers im Woolworth gekauft, die ursprünglich 39 Euro teuer waren, musste aber dank SALE-Angebot und 20% Rabatt nur knapp 9 Euro zahlen!

 

Andererseits bin ich dann doch eher verschwenderisch. Zum Beispiel gibt keiner aus meinem Freundeskreis so viel Geld aus wie ich für deutsche Musikzeitschriften (musikexpress., VISIONS, Rolling Stone, SPEX). Selten auch die teuren importierten UK-Magazine wie NME oder Q.

 

Weiterhin bin ich ein eher mildtätiger Mensch. Allerdings wünschte ich, ich wäre manchmal aktiver wohltätig, z.B. dass ich für gemeinnützige Aktionen ungefragt Geld spende. Letzten 1. Dezember beispielsweise habe ich für Anti-AIDS-Aktionen an unserer Uni gespendet. Und zumindest habe ich immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich zum Beispiel auf der Arbeit oder daheim Brot wegwerfen muss, weil zu hart/alt oder zu verbrannt. Bedürftige Menschen würden sich darüber freuen. Zumindest springe ich aufopfernderweise gerne für Schichten verhinderter Arbeitskollegen ein. Selbstlos ist der gute Mensch.

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500 Wörter – 09.01.2012

09/01/2012

Spice up your humble life!

 

Na, wunderbar. Entscheide ich mich für die Stoffhose mit den Maßen 34/32? Die eher eng-anliegenden Pants sähen an meinen Beinen zwar gerade, an den Oberschenkeln wie überdimensionierte, straff eingewickelte Schoko-Bons aus. Oder soll es das identische Hosenmodell mit der Breite und Länge 36/30 sein, womit Hüfte und Schenkel zumindest mehr Bewegungsspielraum haben? Dafür ist der Stil des Beinkleids tendenziell sackartig statt lässig ‚baggy‘ oder ‚anti-fit‘ gewählt.

 

Also eher modern und doch unvorteilhaft hineingequetscht? Oder soll ich wie ein typisch untersetzter Opa aussehen, ohne dass er bei jedem Zuknöpfen die Luft anhalten muss? Keine Ahnung, wann Gewicht und Körpervolumen wieder zurückgehen. Außerdem ändert sich bei der Länge eh nichts, kleinwüchsig bleibt kleinwüchsig. Je weniger der Hosensaum sich deswegen abnutzt, desto besser. Ich nehme die Version ‚50plus‘.

 

 

Der Kauf einer Hose/Jeans ist/bleibt für mich eine der desillusionierendsten Angelegenheiten. Bin weder schlank noch groß gewachsen. Zusätzlich habe ich das Glück (oder Pech), dass mein Gewicht stärker schwankt als ein Fischerboot auf hoher stürmischer See. Hinzu kommt, dass ich IMMER auf den Preis schauen muss, mir mehrmals überlege, ob sich jene Hose lohnt, ob sie zu genügend Schuhen oder Oberteilen passt. Wenn ich den Herrenbekleidungs-Abteilungsleiter im WÖHRL-Kaufhaus auch noch nach seiner Meinung gefragt hätte: das Argument-Gegenargument-Abwäge-Chaos wäre perfekt gewesen. Deshalb sagte ich: „Danke, ich komme schon alleine zurecht.“

 

WÖHRL ist die Middle-/Upperclass-Mall, in der meist Leute einkaufen, die ungefähr doppelt so alt sind wie ich und/oder mindestens das Zehnfache meines Nebenjob-Gehaltes verdienen. Aber bis auf zwei Levi’s- und eine Tommy-Hilfiger-Jeans im Wertheim Village (das gar nicht mal so günstige Outlet-Center) und gelegentlichen Parfüms – der wohl erschwinglichste Luxus – kam mehr Markenfixiertheit als bodenständiges Arbeiterkind nicht in Frage. Eher H&M-Flair, C&A- Klassenbewusstsein.

 

 

Bloß wollte ich mir heute nach dem Erhalt des Dezemberlohns auch endlich einmal etwas gönnen. Außerdem ist noch immer SALE-Saison. Viele unschlagbare Angebote konnte ich dort jedoch nicht erwarten. Und noch etwas: ich habe seit Tagen schon miese Laune wegen multipler Einsamkeit, weil meine Mutter nervt, ich wenig Produktives auf die Reihe bekomme, mein Selbstwertgefühl den Nullpunkt erreicht hat. Typischer Fall von Frustkauf also.

 

Was zum Kauffrust wurde. Wie schon erwähnt, machen mir Rationalität und (noch immer währende) Knauserigkeit das Shoppen schwer. Bin einfach keine typische Oberflächen-Klischee-Schwuchtel (sorry!), für die Style alles ist. Wenn jedoch selbst die meisten Hetero-Erstsemester-Studenten wie stereotypische High-Society-Gays – das war selbst bei den Würzburger Nicht-BWL- und Nicht-Jura-Studenten damals nicht so ausgeprägt – aussehen, dann stimmt doch etwas nicht. Metrosexualitäts-Revival?  Die künftigen Studis ausschließlich aus privilegiertem Hause? Oder bin ich nur unsäglich neidisch und sollte aufhören, mich mit anderen zu vergleichen? Eigentlich schon.

 

 

Ich sollte zumindest wieder mehr Sport treiben: jemand hat meine Schwimmringe wieder aufgeblasen. Mehr Stoffwechsel Anregendes wie Srirarcha (südostasiatische Chilisauce) zu mir nehmen. Mehr Wasser trinken. Außerdem muss ich aufhören, WÖHRL zu besuchen, der Anblick von dreistellig kostenden Pullovern von BOSS, Lacoste, GANT und Co. schnürte mir heute Nachmittag förmlich den Hals zu. Ein Wunder, dass ich eine Hose (von Barnaby’s LONDON) für „nur“ reduzierte 40 Euro gefunden hatte. Immerhin besitze ich damit immerhin schon drei schrittlochfreie Alltags-Hosen. Woohoo.

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500 Wörter – 29.12.2011

29/12/2011

Shopaholic for Once

Heute gibt es einen leicht kapitalistisch durchzogenen Blog-Artikel. Nicht gerade OCCUPY-friendly.

Vor zwei Tagen hatte ich ja noch über Weihnachten schimpfen müssen, bzw. über „Wart-Nachten“ – Warten auf das Christkind und auf offene Geschäfte. Doch das allgemein Beste an allgemein ist nicht, was währenddessen stattfindet (denn ich bin weder Christ noch Hyper-Familienmensch), sondern das, was folgt. Nämlich dass nach zweieinhalb Tagen Geschlossenheit in den meisten Einkaufshäusern „SALE“ herrscht, formerly known as Winterschlussverkauf.

Ein Anglizismus zugunsten der Wortkürze. Der Zeitpunkt dafür könnte vom deutschen Handel nicht besser gewählt sein. Denn wenn man von seinen Eltern seit Jahren nur Geld statt „richtiger“ Geschenke erhält, dann kann man selber und schneller seine Wunschliste ab dem 27. Dezember abhaken. Deshalb verbrachte ich die letzten zwei (Vor)Mittage vor meiner Arbeitsschichten in Würzburger Einkaufshäusern wie H&M, Media Markt und Müller, eigentlich eher nicht zum Schnäppchen-Shoppen.

Auch wenn es in meiner Region noch immer witterungsmäßig herbstlich (d.h. regnerisch, aber nicht frostig), waren meine letzten Schuhkäufe waren von höchstens eher ästhetischer, aber unpraktischer Natur. Denn meine Boden-Pfoten froren immerzu trotz 2-lagiger Sockenschicht. Ich bin in mehrerer Hinsicht ein knauseriger Mensch, kaufe z.B. ungern teure Markenschuhe, auch wenn man sich für die stark beanspruchten Füße eigentlich durchaus etwas gönnen sollte. Die letzten Sneakers über 50 Euro wurden vor zwei Jahren gekauft, und es waren bloß Chucks. Aber im H&M konnte ich schlichte, aber matt glänzende schwarze Schnürstiefel ergattern, die einzigen und ausgerechnet in meiner Schuhgröße. Preis: 15 statt 40 Euro. Spontan gekauft, und meine Füße sind glücklich. Dazu ein 10-Euro-Wollpullover (ehemals 25 Euro).

Vor ein paar Wochen gingen meine für meine Verhältnisse teuren und geliebten mittelblauen In-Ear-Kopfhörer (Sony, auf günstige 15 Euro damals reduziert) kaputt. Links kam kein Ton mehr raus. Ich musste mich mit den offenen Standard-Kopfhörern meines MP3-Players begnügen, die während des Hörens unzählige Male schon meine Ohrmuschel herunterpurzelnd verlassen haben. Von der Tonqualität und der für Außenstehende kaum absorbierten Lautstärke will ich gar nicht erst anfangen. Aber das Nachfolgegerät beseitigt wieder all die Probleme: ebenso von Sony und In-Ear-Bauart, aber kein SALE-Artikel. Dieses gab es jedoch nur in iPod-Weiß (ein No-Go für Apple-Mobilgeräte-Nichtbesitzer!) und Schwarz, was ich so dann auch auswählte. Wie trist.

Zum Schluss noch meine neue kompakte Digitalkamera. Seit 2008 besitze ich eine geniale dunkellilane von SAMSUNG, die schön UND leistungsstark ist. Doch irgendwann konnte ich die Akku-/Speicherkarten-Halterungsklappe (öhm…Fachbegriff?) nicht mehr schließen. Und das Verbindungs- und Ladekabel, das ich irgendwann verbummelt hatte, war schwer zu beschaffen, da das Kameramodell zu der Zeit nicht mehr gebaut wurde. Jetzt wurde es Zeit für etwas Neues: FUJIFILM Finepix JV 200. Die Bildqualität ist klasse, designmäßig schmeichelnd, wenn auch nicht mehr so „edgy“. Und schon wieder in Schwarz. Bloß ist es keine Weitwinkelkamera, das Menü ist bedienerunfreundlich und hässlich ge-layout-et, und die Zeit vom sofortigen Drücken des Auslösers bis zur Bildwerdung ist langwierig. Doch die Kamera war das günstigste No-No-Name-Produkt im Media Markt mit den nötigsten Funktionen (Lithium-Ionen-Akku, 720p-Videos, 3x optischer Zoom). Naja, mit ein bisschen Gewöhnungszeit wird es auch noch etwas mit uns. Capitalism stole my virginity.

h1

500 Wörter – 25.08.2011

25/08/2011

Happy-Hippo-Hipster

Eigentlich wollte ich heute über den gestrigen Trink-Abend mit meinen Freunden in der WG schreiben. Doch irgendwie hat es sich so ergeben, dass ich heute erst einmal über Hipster schreiben wollte. Der Post folgt morgen an gleicher Stelle…

Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich von anderen Menschen oft in allzu beschränkte Schubladen gesteckt werde. Z.B. „Queer Guy“, „Asiate“ oder „Musik-Hipster“. Es kann schon sein, dass ich mich etwas mehr für Musik interessiere als manch andere meiner Freunde und Freundesfreunde. Ich fahre aber nicht „nur“ auf den „neuesten Scheiß“ in Sachen Musik ab, nur weil ich oft Indie-Musik-Blogs verfolge oder Musikzeitschriften lese. Okay, mag sein, dass ich ja durchaus ein „Hipster“ bin, aber dann eher in der ursprünglichen Bedeutung.

Das, was wir heutzutage als Hipster bezeichnen, wird im angloamerikanischen Raum auch manchmal scenester genannt. „Hipster“ ist heutzutage negativ konnotiert, eher an den Lebensstil eines meist jungen „settled urban middle class adult“ (toller englischssprachiger Wikipedia-Artikel) geknotet. Dieser ist getrieben vom Drang, sich abgrenzen zu wollen von der biederen Restgesellschaft, in der offensichtlichen Hinsicht, dass Kleidung, Frisur, Attitüde, Job, Nachtleben, Wohnsituation eine hippe Einheit bilden. Trends, egal wie kurzzeitig sie da sind, werden verfolgt. Kulturelle Interessen wie Musik oder Filme sind eher Teil der Introspektivität, demnach auch etwas weniger offen zur Schau gestellt. Höher, schneller, weiter, hipper! Dadurch wird der Mensch aber in der Wahrnehmung zum wandelnden Klischee: zum Konsumfetischisten, zum doof dauergrinsenden Oberflächen-Liebhaber, dem etwas Tiefgang fehlt.

Ich würde mich nie als solcher so sehen, wobei mich Herr Leo outfitmäßig einmal bereits als bohemian bezeichnet hatte. Naja, das ist etwas anderes. Ich bin eh zu pleite, um dauernd American-Apparel-Unterwäsche, Ray-Ban-Wayfarer-Sonnenbrille, Jeans von Band of Outsiders oder schicke teure Schuhe meist unbekannter Labels zu kaufen. Das schrille Vice-Magazin lese ich nicht, mag aber Terry Richardsons Fotografie. Ich gehe selten ins „Café zum schönen René“ oder ins „Kult“ (in Würzburg). Typische Kultgegenstände oder -orte zur Wiedererkennung von Hipstern mit hoher Eitelkeit sind das.

Damals in den 40er-/50er-Jahren galt ein Hipster jedoch als Musikkenner, dem sein Aussehen eher egal war. Vorrangig waren hingegen seine neuesten Platten und das Austauschen von neuestem Wissen mit anderen Experten. Erst später wurde der Hipster zum Beatnik, für den neben Musik auch der Lifestyle wie der sogenannten Beat-Literatur (Jack Kerouac) und Kleidungsstil wichtig war.

Heutzutage wird eher Indie-Pop und -Rock als das neue Gesprächsmaterial für Neo-Hipster mit großem Musikinteresse, aber nicht nur. Auch andere Musikgenres wie HipHop (Kanye West, Shabazz Palaces) oder gar Punk (Fucked Up) oder Metal (Liturgy) dienen dem Distinktionsgewinn, um mit ihm an der Masse vorbeizukurven.

Doch was „hip“ und was „unhip“ (aber irgendwie doch gern gemocht) ist, ist nicht immer so einfach zu trennen. Mode-Hipster haben ja vielleicht auch eine verletzliche Seele, Nerdcore-lesende Hipster womöglich eine Schwäche für Beethovens 3. Sinfonie. Die Hipster-Redakteure inzwischen namhafter Indie-Blogs wie Pitchfork oder Stereogum geben offen ihre Liebe zu den eher „uncoolen“ Beyoncé, Adele und R.Kelly zu.

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Den zweiten Teil dieses Hipster-Artikels könnt ihr auf dem neuen Blog Tonprotokoll weiterlesen. Hier geht es entlang!

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500 Wörter – 05.06.2011

05/06/2011

500 Wörter

Co- statt Würzburg. Die Coburger Designtage 2011 und der Coburger Owy luden mich dieses Wochenende nach Coburg ein.

Coburg über alles…stop the repitition! Owy kenne ich seit Ende Dezember 2010. Er ist Innenarchitektur-Student und das hat ja natürlich stark mit Design zu tun. Es lag ihm demnach sehr am Herzen, Stadtführung, Fachhochschul-Vorstellung und Event-Belehrung miteinander zu verbinden.

Owy wohnt in einer großen Vierer-WG in Coburg, die verschrobener nicht sein könnte. Dieser 60er- und 70er-Anti-Style mit den orangenen Lampen, tannengrünen Eierbechern und dunkelbraun-weißen Einbauküchen prägte die Gemeinschaftsräume beträchtlich. Als ob ein Flohmarkt in einem Haus stattfände. Putzig, und beabsichtigt. Ich war auch erstaunt über die Vielzahl an Zimmern. Esszimmerchen, Wohnzimmer, zwei Klos und ein Gästezimmer sind mehr als ein Durchschnitts-WG-Mensch in Würzburg sich leisten könnte. Das geht auch nur in Coburg.

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Owys Zimmer mit Terrassen-Eingang hingegen könnte sich davon nicht mehr vom erwähnten Retro-Chic unterscheiden. Als „Macintoschist“ ist sein Zimmer größtenteils in Weiß gehalten. Angeblich, damit man das nicht so große Zimmer dadurch größer erscheinen lassen kann. Und der futuristische Monitor des iMacs ragt als Zimmer-Zentrum klar hervor. Apfelsüchtig?

Ähnlich durchdesignt war die Stadt Coburg selbst, „als das Schaufenster der Designwirtschaft der Region mit überregionaler Ausstrahlung“ (Webseite). Klingt eingebildet, aber die große Fokussierung der dort ansässigen Hochschule auf Außen-, Innen- und Produktdesign und deren Entwurf, Ausarbeitung und Platzierung gibt dem schon Recht. Und an vielen Plätzen der Stadt wurde jenen Studienfächern gewidmet. Als Design-Laie für mich eher faszinierend als interessant.

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Trotzdem cool. Sehr lobenswert auch, dass die Designmenschen sich sukzessive mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Wir waren da z.B. im Design-Shop. Leicht ironischer Tourismus-Flair, doch anstatt auf schnelle Konsumbefrieidigung zu setzen, sind die meisten dort zu erstehenden Artikel Produkte aus Produkten, nämlich originell verarbeitete Materialien, die eigentlich einen anderen Zweck zu erfüllen hatten. Nein, keine FREITAG-Taschen. Aber Gürtel aus Fahrradreifen, Vasen aus deren Schläuchen, Portemonnaies aus Galeria-Kaufhof-Einkaufstaschen. Toll fand ich das Mäppchen aus gepresstem Kork, der flach und doch robust erschien. Leider einen Tick zu teuer gewesen. Kaufte ich mir eher günstigere Sachen, z.B. einen handgearbeiteten Schlüsselanhänger aus irgendeinem Seil.

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Das Fakultätsgebäude von Owys FH (Fachhochschule) heißt Hofbrauhaus. Kein Witz, denn früher war das Haus tatsächlich Teil einer Brauerei. Darin wurden entsprechend der Mottotage praktische Seminarergebnisse oder Abschlussarbeiten von Studenten und Alumni ausgestellt, sehr unterschiedlich. Erfinderisch waren die Hocker aus Red-Bull-Dosen oder Popcorn, die Miniaturmodelle, die von berühmten Architekten inspiriert waren (O-Ton Owy: „Puppenhäuser“) oder der aus Pappe zurechtzufaltende Sessel.

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Am Ende waren wir aufgrund von Sonnigkeit und der Menge Eindrücke sehr geschlaucht. Bei Owy kam hinzu, dass ihm zunehmend seine Schulter weh tat, am Abend gar der Magen. Zwei Tatsachen, die unsere Pläne boykottierten, abends noch auf die Designparty zu gehen. Deshalb war ich am Samstagabend noch auf passiv-aggressive Weise miesepetrig, tags drauf war mir das schon wieder gleichgültig. Dafür hat er sich trotz Schmerzen fürsorglich um mich gekümmert. Schade, dass seine Mitbewohner, die ich gerne kennengelernt hätte, alle nicht anwesend waren, nur eine kam am Sonntag kurz vor meinem Verlassen wieder.

War toll von dir, mich am Wochenende aufzunehmen: Danke, lieber Owy!